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„Die Finanzmärkte sind nur der Katalysator, die Finanzmärkte sind nicht schuld.“

So lautete das Fazit von Dr. Jürgen Born, Wirtschaftswissenschaftler am Institut für Kirche und Gesellschaft (Schwerte/Villigst) zur Krise Griechenlands in der EU. Um aus der Krise herauszukommen, müsse sich Griechenland neu erfinden. Andernfalls drohe es, im Chaos zu versinken, vermutete Dr. Born auf der jüngsten Pfarrkonferenz im Ev. Kirchenkreis Recklinghausen, wo er den historischen Hergang der negativen Entwicklungen in Griechenland nachzeichnete.
„Die Finanzmärkte sind nur der Katalysator, die Finanzmärkte sind nicht schuld.“

Dr. Jürgen Born (Villigst) informierte auf der Pfarrkonferenz in Recklinghausen

Der Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsunion (EWU) sei 2001 aus politischen Gründen erfolgt. „Griechenland trat bei, ohne ökonomisch fit zu sein“. Der Schuldenstand und das Zinsniveau lagen für den griechischen Staat im Vergleich mit anderen Beitrittsländern sehr hoch. Zudem habe man „geschönte Statistiken“ geliefert. „Der Beitritt Griechenlands war nicht besonders sinnvoll“, folgerte Dr. Born. Nach dem Beitritt habe Griechenland von historisch niedrigen Zinsen profitiert, seinen öffentlichen Sektor und die Sozialleistungen ausbauen können. Es sei zu einem starken Anstieg der Importe gekommen.

Ausgeblieben seien Investitionen in Forschung und Entwicklung, die Förderung innovativer Produkte, Unternehmen und Auslandsinvestitionen. Der Arbeitsmarkt und das Steuersystem seien nicht angepasst worden. Auch der „Umbau des ineffizienten und korrupten öffentlichen Sektors“ sei unterblieben, unterstrich Dr. Born. Im Jahr 2008 verzeichnete Griechenland sowohl den höchsten materiellen Wohlstand als auch den höchsten Schuldenstand. Dieser konnte nun nicht mehr wie zuvor durch Inflation einer eigenen Währung abgebaut werden, denn man war an die gemeinsame Währung des Euros gebunden. Steigende Lohnkosten ohne Produktivitätszuwächse hätten zudem die Position der griechischen Exportposition geschwächt.

Anhand von einschneidenden Jahreszahlen zeichnete Dr. Born die immer schwieriger werdenden wirtschaftlichen Randbedingungen für Griechenland nach, die die gesamte Weltwirtschaft betrafen:

  • 2000 platzte die sog. Internet-Blase, 
  • im Jahr darauf kam es zum Anschlag auf die sog. Twin-Towers in New York (9/11), 
  • ab 2007 wurden die USA von der Immobilienkrise erfasst, 
  • 2008 setzte die Bankenkrise ein, die mit dem Zusammenbruch der Lehman-Bank einen Höhepunkt erreichte. 
  • Im Jahr 2009 wurde aus der Bankenkrise eine Weltwirtschaftskrise, die mit globalem Vertrauens- und Vermögensverlust einhergegangen sei. Mit Konjunkturprogrammen stemmten sich immer mehr Staaten gegen die Krise und „erhöhten damit ihre Staatsschulden“, so Dr. Born. 
  • Die Europäische Schuldenkrise zeichnete sich im Gefolge im Jahr 2010 ab: Im Süden der Eurostaaten wurden hohe Staatsschulden angehäuft und das Zinsniveau für Staatstitel zog an. „Spekulanten setzten auf den Staatsbankrott Griechenlands“, beschrieb Dr. Born die tragische Entwicklung des Landes, das unter dem Druck der hohen Verschuldung immer handlungsunfähiger wurde. 

    Griechenland habe vermutlich nur eine Chance, wenn ein nachhaltiger Schuldenschnitt sowie ein radikaler Umbau des öffentlichen Sektors und der Wirtschaft erfolge, erklärte Dr. Born den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Pfarrkonferenz.


    Text/Bild: hh