Auferstehung
"Auferstehung
In den Tagen vor Ostern ist uns auf verstörende Weise nah gekommen, was Passion – Leiden - ganz konkret für Menschen bedeutet. 150 Leben sind durch das Flugzeugunglück in den französischen Alpen auf schreckliche Weise beendet worden. Das stellt uns neben Menschen, die unerträglich leiden. Hier und anderswo.
In den dunkelsten Stunden, am Abend des Tages, als plötzlich alles anders geworden war und in den Tagen danach haben einfache und dichte Zeichen geholfen. Dass niemand alleine blieb. Dass man ein Licht anzünden konnte. Dass Stille war, ein geschützter Raum zum Weinen, eine Schulter zum Anlehnen. Dass ein Buch da lag, um Gedanken, Gebete, Klagen aufzuschreiben. Das soll und wird weitergehen für die Menschen. In Haltern. An den vielen anderen Orten der Trauer in dieser Welt.
Mitten in diese Situation hinein hören wir von dem Wunder, dass aus dem Tod, gegen den Tod, dem Tod zum Trotz neues Leben wird. Werden kann. Damals und heute.
Die Bibel erzählt, dass Jesus am Morgen des dritten Tages nach seinem Tod nicht mehr im Grab war. Sehen konnte man dies: Der schwere Stein war zur Seite gerollt. Einen leeren Raum. Licht. Hören konnte man diese Worte: Ihr sucht Jesus? Er ist nicht hier. Er ist auferstanden. Geht nach Galiläa. Da werdet ihr ihn sehen.
Aber dann gibt es erstmal kein „happy end“. Ich lese: „Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab, denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas, denn sie fürchteten sich.“ (Markusevangelium 16,8).
Für die unmittelbar Trauernden fühlt es sich so an, als sie vor dem leeren Grab stehen. Zittern, Entsetzen, Verstörung ergreift sie. Und die bohrende, quälende Frage: Wo ist der Leichnam? Wo sind unsere Toten?
Sie müssen weg von da. Sich losreißen von dem Blick in die Leere. Sie dürfen sich nicht verlieren in dem, was nicht mehr ist, nicht mehr da ist.
Das Entsetzen lässt sie verstummen. Wie kann man überhaupt Worte finden?
Ich lese: „Geht nach Galiläa. Dort werdet ihr ihn sehen“. (Markusevangelium 16,7)
Eine Stimme erklingt. Sie will ein Lebenzeichen setzen. Steh auf. Geh los. Zurück ins Leben. In Deinen Alltag. Da sind die anderen, die auf dich warten. Verlass dich drauf: Du gehst nicht alleine. Du läufst nicht ins Leere. Der Auferstandene ist schon da. Er war schon im Tod. Und jetzt ist er vor dir. Im Leben. So wird es ein, wo immer Du hingehst. Er ist schon da. Im Leben und im Sterben.
Gemeinschaft. Licht. Gebete. Mit diesen Zeichen erinnern wir uns an den Übergang von der Nacht des Todes zum neuen Morgen des Lebens. Ich glaube daran, dass Gott uns auch in den finstersten Stunden nicht den Todesmächten ausliefert. Dafür steht Ostern.
Ich wünsche den Familien, den Freundinnen und Freunden – allen, die in diesen Tagen um einen geliebten Menschen trauern, dass sie einst sagen können: Das Leben hat uns wieder.
Uns allen wünsche ich das Vertrauen und die Hoffnung, „dass der Tod hinter einem sein kann, weil vor einem die Liebe ist“ (Dorothee Sölle, „Über Auferstehung“).
In diesem Sinne wünsche ich uns ein Osterfest voller Hoffnung und Liebe."
Katrin Göckenjan, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Recklinghausen