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"damit sich so etwas nicht wiederholt"

Ausstellung, Konzert und die Geschichte einer Rettung aus dem Wilnaer Ghetto - Ulrich Raue und Roswitha Dasch gaben zum Holocaust-Gedenktag ein Konzert in der Ev. Akademie Recklinghausen zur Geschichte des Wilnaer Ghettos im Spiegel seiner Lieder. Die Holocaust-Überlebenden Tamar Dreifuss berichtete vom Schicksal ihrer Familie. Die Evangelische Akademie Recklinghausen zeigte zudem eine Wanderausstellung zum Genozid an den litauischen Juden im Haus des Ev. Kirchenkreises Recklinghausen.
"damit sich so etwas nicht wiederholt"

Ulrich Raue, Roswitha Dasch und Tamar Dreifuss in der Ev. Akademie Recklinghausen

RECKLINGHAUSEN Jiddische Lieder und Berichte zur Lebenssituation der jüdischen Bevölkerung im Wilnaer Ghetto, die trotz aller Trauer und Verzweiflung immer wieder Mut und Hoffnung gegeben haben, präsentierten die  Musikerin Roswitha Dasch (Gesang, Violine, Gitarre) und der Pianist Ulrich Raue am letzten Freitag zum Holocaust-Gedenktag in der Evangelischen Akademie Recklinghausen. Aus persönlichen Gesprächen mit Zeitzeugen und umfangreichen Recherchen in Litauen entstand das außergewöhnliche Konzertprogramm ihrer Text-Musik-Collage zur Geschichte des Wilnaer Ghettos in den Jahren 1941-1943.

Die Holocaust-Überlebende Tamar Dreifuss las im Wechsel mit musikalischen Beiträgen aus den Erinnerungen ihrer Mutter Jette Shapiro-Rosenzweig, mit der sie 1943 als Kleinkind aus diesem Ghetto fliehen konnte. Sie war zu Beginn des Zweiten Weltkrieges drei Jahre alt, als die deutschen Nationalsozialisten ihre Heimatstadt Wilna in Litauen besetzten. „Wir waren bei der Deportation dabei. Wir sind die einzigen, die die Deportation überlebt haben. Alle anderen wurden vergast. Dank meiner Mutter lebe ich“, erzählt sie im Rückblick auf ihre Rettungserfahrung. Ihr Vater wurde von den Nazis verschleppt und ermordet. Wie durch ein Wunder glückte der dritte Fluchtversuch ihrer Mutter, die nicht aufgab. 1944 wurde Litauen durch die Russen von der Naziherrschaft befreit und Tamar Dreifuss ging  nach dem Kriegsende nach Israel. Sie lebt heute in der Nähe von Köln.

Die Übersetzung und Veröffentlichung der Lebensgeschichte ihrer Mutter unter dem Titel: "Sag niemals, das ist dein letzter Weg" in deutscher Sprache dient Tamar Dreifuss dazu, ihre Erinnerungen an Jugendliche weiterzugeben. Mit ihren ihrem illustrierten Kinderbuch „Die wundersame Rettung der kleinen Tamar 1944“ besucht Tamar Dreifuss Schulklassen, wo sie immer wieder Lesungen hält. „Damit sich so etwas nicht noch einmal wiederholt“, beschreibt sie ihr Anliegen.
Die Idee zu ihrem Kinderbuch stammt aus Gesprächen mit ihren Enkeln, die sie immer wieder fragten: „Wie bist du am Leben geblieben?“ Sie ist zuversichtlich, die zumeist 9-10-jährigen Schulkinder mit ihrem Erfahrungsbericht aus der Schreckenszeit gut zu erreichen: „Die Kinder sehen immer das Ende - und das bin ich. Man konnte überleben. Die Kinder sehen auch den Schrecken. Sie haben keine Albträume.“ Am 19. Juni 2011 ist Tamar Dreifuss in der Kindersendung Lilipuz auf WDR 5 (14.05 h) mit einem Radiobeitrag zu hören.

Roswitha Dasch konzipierte im Jahr 1997 die Ausstellung „Sage nie, du gehst den letzten Weg. Der Genozid an den litauischen Juden 1941-1944“, die bei der Veranstaltung zu sehen war. Für die Ausstellung kaufte Roswitha Dasch Fotoportraits von Holocaust-Überlebenden, die der von der litauischen Regierung beauftragte Fotograf Antanas Sutkus angefertigt hat. Die Erlöse aus den Konzerten und der Ausstellung kommen gegenwärtig den 80 Holocaust-Überlebenden  in Litauen vor allem für mobile Pflegeleistungen zu Gute. Dieses Projekt wurde notwendig, weil inzwischen die meisten der Holocaust-Überlebenden in Litauen älter als 75 Jahre sind, berichtet Roswitha Dasch, die die Koordination der Hilfeleistung übernommen hat und die Menschen regelmäßig in Litauen besucht. In einem Rundbrief informiert der von ihr gegründete Verein MIZWA über die Aktivitäten ihrer Initiative.

Für den Organisator der Veranstaltung, Ralf Dinand (Erwachsenenbildungsreferat), stellt sich eine nicht ganz einfache Aufgabe: "Ziel derartiger Veranstaltungen ist sehr wohl das Gedenken an die Opfer, aber darüber hinaus auch dass sich "Auschwitz" nicht wiederhole. So ist der Hinweis auf die suzessive Entrechtung von Menschen im nationalsozialistischen Deutschland eine Warnung für Gegenwart und Zukunft. Diese erkennen zu können, ist m.E. ein Schritt in Richtunge einer "Mündigkeit" des Individuums und pädagogisches Ziel protestantischer Bildungsarbeit."

MIZWA Zeit zu handeln e.V. 
Postfach 131006
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Text/Bild: hh