Das 4. Kirchliche Filmfestival in Recklinghausen
Die Preisverleihung durch Propst Jürgen Quante (li.) und Marc Gutzeit ging an Sheri Hagen, die neben dem Preisgeld einen Ölbaum empfing.
Landeskirchenrat Dr. Vicco von Bülow (Bielefeld) überbrachte die Grüße von Präses Annette Kurschus für die Evangelische Kirchen von Westfalen (EKvW). Für Dr. von Bülow zeige die „dramaturgische Homiletik“ des Theologen Martin Nicol wie kirchliche Sprache in der Predigt einen eindrucksvollen Paradigmenwechsel „von der Vorlesung zum Film“ finden könne. Daher bringe auch das Filmfest einen „Tonanschlag der Wirklichkeit zum Klingen“, der sie zugleich verwandle. Denn Wahrheit werde in Geschichten erzählt.
„Kirche und Kino“ sei kein „naturgegebenes Paar“, sagte Weihbischof Dieter Geerlings (Münster). Im Medium des Films sei es möglich, die kulturell geschaffenen Größen, die „unsere Gesellschaft betrachten und mitgestalten wollen“, sichtbar werden zu lassen. Es sei erfreulich, dass mit dem Kirchlichen Filmfestival „in Recklinghausen engagierte Menschen eine Kultur des Austausches geschaffen“ hätten. Filme brächten die menschliche Sehnsucht nach gelingendem Leben zum Ausdruck. Sie seien im Sinne von Johann Baptist Metz eine „kreative Unterbrechung“.
Der Recklinghäuser Bürgermeister Wolfgang Pantförder richtete seinen Dank an die Macher und Macherinnen des Festivals sowie an das Bistum Münster und die Evangelische Kirche von Westfalen; er erinnerte an den Beginn des Filmfests im Kontext von RUHR.2010. Das Filmfest sei „eine tolle zusätzliche Möglichkeit, Menschen zusammenzubringen, im Unterschied zu sonstigen Konsumangeboten“, hielt Pantförder fest.
Mit dem fiktiv-realistischen Film „Die Abseitsfalle“, der analog zur Lage des Bochumer Opelwerks den Kampf der Belegschaft um ihre Arbeitsplätze anhand des Waschmaschinenwerks PERLA schildert, eröffnete das 4. Kirchliche Filmfestival in Recklinghausen sein umfangreiches Programm. Dem Publikum standen zum Nachgespräch neben dem Regisseur Stefan Hering die Drehbuchautorin Beatrice Hering, die Produzenten und der Vorsitzende des Betriebsrats des Bochumer Opelwerks, Rainer Einenkel, zum Gespräch zur Verfügung. Einenkel wurde von der Drehbuchautorin frühzeitig in die Recherchen zu dem Film einbezogen und bescheinigte dem Film seine gelungene Realitätsnähe: „Man erkennt sich sofort wieder. Es geht in Bochum um 3.000 Arbeitsplätze. Wir schaffen es immer noch als kleines gallisches Dorf gegen General Motors Stand zu halten“, sagte er.
Superintendentin Katrin Göckenjan bei der Eröffnung zur diesjährigen Preisverleihung des 4. Kirchlichen Filmfestivals
Aus diesmal wurde der Filmpreis des Festivals in Höhe von 2.000 Euro verliehen, der vom Bistum Münster gestiftet wurde. Doch vor der Präsentation des Preisträgerfilms „Auf den zweiten Blick“ machte die neue Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Recklinghausen die Festivalbesucherinnen und –besucher am Beispiel des Erzählung vom ungläubigen Thomas auf die Bedeutung von Bildern aufmerksam, die den Dialog zwischen Sehen und Glauben stiften: „Wir können nicht ohne Bilder, wir brauchen Bilder. Wir brauchen Sehhilfen für die Welten, die hinter den Bildern sind“, beschrieb Katrin Göckenjan programmatisch das Anliegen des Preisträgerfilms „Auf den zweiten Blick“.
Der preisgekrönte Episodenfilm der Autorin und Regisseurin Sheri Hagen (Berlin) werde in einer besonderen Fassung, nämlich mit Audiodeskription gezeigt, erläuterte der Filmbeauftragte der EKvW Pfarrer Thomas Damm (Marl) für die Initiative „Kirche und Kino“. Das Publikum, insbesondere auch Blinde und Sehbehinderte, hatten so die Gelegenheit, den Film durch den Audiokommentar zu den Bildern mit zu verfolgen. Der Film schildert das Leben von drei sehbehinderten Paaren und zwei Taxifahrern in Berlin, die sich auf die Suche nach dem Glück machen. In seiner Laudatio erklärte Propst Jürgen Quante: „Sheri Hagen erteilt uns auf unterhaltsame Weise eine ernste Lektion. Freiheit und Abhängigkeit schließen sich nicht aus.“ Sie zeichne die Erfahrung von Blindheit in einem „furchtbar beeindruckenden Bild“, so Quante. Sheri Hagen verfüge über die „die Fähigkeit, ganze Geschichten in kleine Gesten zu legen.“ Erstmalig sei mit diesem Film eine Gelegenheit ermöglicht worden, dass Blinde und Sehbehinderte zusammen mit Sehenden einen Film erleben konnten. Sheri Hagen berichtete, sie sei bei ihren Recherchen auf völlig unterschiedliche Arten von Sehbehinderung gestoßen. Sie hoffe nun, dass Blinde, Sehbehinderte und Taxifahrer sich in ihrem Film wiederfänden.
Wie bereits zuvor wurde auch diesmal das gesamte Festivalprogramm durch Horst Walther und Michael Kleinschmidt vom Institut für Kino und Filmkultur vorbereitet, durchgeführt und durch zahlreiche Moderationsbeiträge anregend begleitet. Das Publikum darf sich bereits jetzt auf eine gelungene Fortsetzung des Kirchlichen Filmfests durch die Initiative Kirche und Kino im nächsten Jahr freuen.
Text/Bild: hh