„Du siehst mich.“ - Kirchentag in Berlin und Wittenberg
Das Theater-Ensemble der „boje“ um Leiter Jörg Zahlmann (5.v.l.) spielte auf dem Kirchentag das Stück „Das Tagebuch der Anne Frank“. Für die Musik sorgte Niclas Floer mit seiner Combo. (Foto: Markus Stibert)
Rund 100.000 Dauerteilnehmerinnen und -teilnehmern waren nach Berlin gekommen. Sie konnten aus rund 2.500 Veranstaltungen ein buntes, interessantes und vielseitiges Programm wählen. Zum Glück spielte das Wetter mit, da die großen Veranstaltungen, wie die Eröffnungsgottesdienste, der Besuch von Barak Obama und die Großkonzerte draußen stattfanden. An den großen Plätzen am Brandenburger Tor, Platz der Republik und Gendarmenmarkt waren Großbühnen aufgebaut, auf denen verschiedene Programmpunkte angeboten wurde.
Trotz der großen Veranstaltungshallen in der Messe oder im Berliner Dom und der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche war an vielen Veranstaltungsorten das Schild „Halle überfüllt“ zu sehen. Davor bildeten sich bereits lange Schlangen, besonders bei Veranstaltungen mit prominenten Gesichtern aus Kirche und Politik. Rund 70.000 Menschen fanden sich bei Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem ehemaligen US-Präsidenten Barak Obama und dem EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm ein.
Was in den Gemeinden so nie zustande kommt, ist auf Kirchentagen immer wieder ein Phänomen. Tausende von Menschen machen sich am frühen Morgen auf den Weg, um an einer Bibelarbeit teilzunehmen. Bei den Bibelarbeiten von Margot Käßmann, Eckart von Hirschhausen oder Fulbert Steffensky mussten viele draußen bleiben. Kabarettveranstaltungen waren in Berlin sehr gefragt und zogen ein großes Publikum an. Und das Musik verbindet, war auch auf diesem Kirchentag spürbar. Von Klassik über Jazz, Pop bis Gospel war alles vertreten, nicht zu vergessen die zahlreichen Bläserchöre, die an vielen Stellen aufspielten. Beliebt war auch das gemeinsame Singen, z.B. in der Mittagspause oder mit Dieter Falk mit Auszügen aus seinem Luther-Pop-Oratorium. Bei der „Nacht der Lieder“, zu der Clemens Bittlinger wieder eingeladen hatte, waren dieses Mal die Songpoeten der ersten Stunde Siegfried Fietz und Manfred Siebald dabei.
Zu einer festen Größe des Kirchentages gehören die großen Open-Air-Konzerte, die in Berlin vor dem Brandenburger Tor stattfanden. Besonders begehrt war das Konzert der A-capella-Formation „Wise Guys“, die seit vielen Jahren mit der Kindernothilfe ein Programm auf dem Kirchentag gestalten und dieses Mal ihren letzten Auftritt auf dem Kirchentag hatten, da sie zukünftig getrennte Wege gehen werden. 55.000 Besucherinnen und Besucher konnten sie noch mal erleben. Zum Abschied gab es ein Luther-Puzzle.
Aber auch kleinere Veranstaltungen hatten ihren Reiz. So hatten am Freitagabend viele Gemeinden zum Feierabendmahl geladen. Hier hatten Kirchengemeinde und Kirchentagsgemeinde die Möglichkeit, sich gegenseitig kennen zu lernen und miteinander ins Gespräch zu kommen.
Viel Platz gab es dieses Mal für den „Markt der Möglichkeiten“ in den Berliner Messehallen. Eine große Anzahl an Organisationen, Einrichtungen und Initiativen stellten ihr Programm und ihre Angebote vor. Die Diakonischen Einrichtungen luden zum Ausruhen und Verweilen ein. Gerade hier gab es viele Möglichkeiten der Begegnung und des Austausches. Die Kirchentagsbuchhandlung hatte das Reformationsjubiläum als Schwerpunkt. Abwechselnd erzählten Autorinnen und Autoren über ihre Bücher und lasen daraus Kostproben. Das „Rote Sofa“ der Kirchenpresse stand am Alexanderplatz. Dort wurden über den Tag bekannte Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft von Redakteurinnen und Redakteuren der Kirchenpresse interviewt und nahmen persönlich Stellung zu aktuellen und kirchlichen Themen.
Auch der Kirchenkreis Recklinghausen war aktiv auf dem Kirchentag vertreten. Neben Hans-Jürgen Hörner bei „Zukunft einkaufen“ führte das Theater-Ensemble des Jugendheims HoT „boje“ aus Marl an zwei Tagen das Theaterstück „Das Tagebuch der Anne Frank“ auf. Die Aufführungen waren jedes Mal überfüllt und viele Interessierte mussten leider abgewiesen werden.
Da der nächste Kirchentag in zwei Jahren in Dortmund stattfindet, gab es eine „Westfalenhalle“, in der sich die nächste gastgebende Evangelische Kirche von Westfalen mit ihren Ämtern und Werken präsentierte. Und im Stadtbild Berlins fielen die zahlreichen kleinen Buden mit der Überschrift „Glückauf und Halleluja“ auf, die mit originellen Sprüchen nach Dortmund einluden: „Kennse nicht? Musse hin!“
Die Berliner Verkehrsbetriebe kamen mit dem Menschenandrang gut zurecht. Natürlich gab es auch immer wieder überfüllte Bahnen und Busse. Insgesamt aber lief der Verkehr und freundliche Servicemitarbeiterinnen und -mitarbeiter gaben den suchenden Kirchentagsbesucherinnen und -besuchern hilfreiche Hinweise. Eine besondere Herausforderung stellte an dem Samstag das DFB-Pokalfinale dar, das zeitgleich mit dem Kirchentag in Berlin stattfand und Kirchentagsbesucher und Fußballfans gleichzeitig transportiert werden mussten. Dazu war auch ein DFB-Pokal-Final-Gottesdienst mit DFB-Präsident Reinhard Grindel in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche im Programm aufgenommen worden.
Die Eindrücke der Anschläge in Paris, Berlin und Manchester sind noch frisch und spürbar. Auch beim Kirchentag gab es für bestimmte Veranstaltungen einen erhöhten Sicherheitsbedarf mit Rucksack- und Taschenkontrollen. Den Kirchentagsbesucherinnen und -besucher war die Notwendigkeit dieser Maßnahmen bewusst, die bereitwillig in Kauf genommen wurden.
Mit einem Abschluss-Gottesdienst mit rund 100.000 Menschen auf den Elbwiesen in Wittenberg, was mit einem immensen logistischen Aufwand verbunden war, endete der Kirchentag.
Und es wurde gleich zum 37. Evangelischen Kirchentag vom 19. bis 23. Juni 2019 nach Dortmund eingeladen. Dann ist die Evangelische Kirche von Westfalen Gastgeberin und wir sind ganz nah dran. Dazwischen liegt noch der Katholikentag vom 9. bis 13. Mai 2018 in Münster.
Link auf die Foto-Galerie zum 36. Evangelischen Kirchentag
Text: uk