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Eine Ära geht zu Ende

Pfr. i.R. Peter R. Seeber kandidiert nach mehr als 35 Jahren nicht wieder für Vorsitz der Evangelischen Akademie Recklinghausen
Eine Ära geht zu Ende

Pfarrer i.R. Peter R. Seeber

„Ich war immer schon ein bisschen quer. Aber man muss anstößig sein, um Anstöße zu geben“, sagt Pfarrer i.R. Peter R. Seeber über sich und seine Arbeit im Vorstand der Ev. Akademie Recklinghausen. Über 35 Jahre war er fast durchgängig als Vorsitzender des Vereins tätig und sein Name ist untrennbar mit der Akademiearbeit verbunden, in der zahlreiche prominente Gäste zu verzeichnen sind.

Als Pfarrer Seeber 1973 nach Recklinghausen kam, lag die Arbeit der Ev. Akademie Recklinghausen ‚im argen‘. Daher sollte Pfarrer Seeber an dieser Stelle für Verbesserung sorgen, denn hatte er bereits mit großen Erwachsenenbildungsveranstaltungen in seiner alten Gemeinde in Versmold gute Erfahrungen gemacht. Am 10. Dezember 1973 stellte er in der Mitgliederversammlung des Vereins sein Konzeptionspapier vor und wurde zum Vorsitzenden des Vereins gewählt. „Mir kam es auf den Dialog zwischen Kirche, Gesellschaft und Kultur an. Wir wollten immer ‚offene‘ Kirche sein“, sagt er und verweist auf die bereits vor mehr als 15 Jahren ausformulierte Standortbestimmung der Ev. Akademie Recklinghausen. Dort heißt es unter der Überschrift „Wir sind Kirche, aber nicht Gemeinde“: „Wir sind den ‚Einschränkungen‘ des engeren Horizonts der Gemeindearbeit nicht unterworfen, darum können wir eine stärkere Öffnung zur ‚Welt‘ praktizieren durch Themenwahl und unbequeme Referenten“. Zu diesen zählten bekannte Persönlichkeiten, die bisweilen zu kontroversen Diskussionen beitrugen: Propst a.D. Dr. Heino Falcke, Erfurt, Bischof Dr. Gottfried Forck, Berlin, Joachim Gauck, Berlin, Dr. Gregor Gysi, MdB, Berlin, Dr. Regine Hildebrandt, Woltersdorf, Dr. Reinhard Höppner, Ministerpräsident a. D., Magdeburg, Landesbischof Roland Hoffmann, Eisenach, Generalsuperintendent Dr. Günter Krusche, Berlin, Bischof i.R. Werner Krusche, Magdeburg,  Günter Schabowski, Rotenburg, Pastor Friedrich Schorlemmer, Lutherstadt Wittenberg, Ministerpräsident Dr. Manfred Stolpe, Potsdam, und dreiundzwanzig Mal Dr. Eugen Drewermann, der stets für überaus großen Besucherandrang sorgt.

Auf die umfangreiche Liste der bekannten Referenten und Referentinnen, in die sich die Gästebücher eintrugen ist Pfarrer Seeber stolz.  Auch ohne ein festes Haus mit eigenen Übernachtungskapazitäten, wie sie andere evangelische Akademien vorhalten, spielt die Ev. Akademie Recklinghausen in der gehobenen Liga. „Mit den bekannten Namen, haben wir eine gewisse Magnetwirkung“, sagt Pfarrer Seeber selbstbewusst und freut sich über die vielen Mitglieder des Vereins auch aus anderen Nachbarstädten von Recklinghausen. „Wir machen das, was eine Gemeinde nicht leisten kann. Wir sorgen für das Salz in der Suppe“, beschreibt Pfarrer Seeber die Zielsetzung der Akademie, ohne in eine falsche Konkurrenz geraten zu wollen. Ihn hat die Akademiearbeit stets fasziniert: „Dort hatte ich die Gelegenheit zu Begegnungen mit unzähligen Referenten, mit denen ich als Gemeindepfarrer keinen Kontakt gehabt hätte“, blickt er nicht ohne einen kleinen Hauch von Wehmut zurück. Zur Hälfte sei er immer mit der Akademie verheiratet gewesen, sagt er scherzhaft, doch das von ihm erstellte Programmheft sei stets durch die Hände seiner Frau gegangen.

Mit seiner Heimat aus Kindertagen im deutschen Osten fühlt er sich stets verbunden. Daher sorgte er immer für Gäste aus den neuen Bundesländern und für die Pflege der Partnerschaft mit der Stadt Schmalkalden.

Bereits im Jahr 2001 baute Pfarrer Seeber einen eigenen Internetauftritt der Akademie auf, in dem die zahlreichen Aktivitäten mit den vielfältigen Begegnungen, Vorträgen, Gesprächen, Arbeitsgemeinschaften, Studientagungen und –reisen dokumentiert werden. Auch wenn er den Vorsitz des Vereins krankheitsbedingt niederlegt, wird Pfr. Seeber weiterhin für Interessenten Gelegenheiten für private Studienreisen anbieten, die von vielen gerne wahrgenommen werden.

Zur Person: Pfarrer i.R. Peter R. Seeber, geb. 28.4.1938 in Jena/Thüringen, kam 1946 als Kriegsflüchtling mit seinen Eltern und seiner Schwester nach Gladbeck, studierte Ev. Theologie in Bethel, Heidelberg, Hamburg und Münster, absolvierte sein Vikariat in Emsdetten, ging danach für sechs Jahre nach Versmold im Kreis Gütersloh an die Petrikirche, kam 1973 als Pfarrer in die Altstadtgemeinde nach Recklinghausen, wo er seit 1973 fast ununterbrochen Vorsitzender des Vereins der Evangelischen Akademie Recklinghausen war. Bis zum Oktober 1999 war er Pfarrer im Gemeindebezirk Hochlar. Im Jahr 2004 wurde ihm für seine Verdienste um die Annäherung von Ost und West-Deutschland das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Links: Website der Akademie, mit ausführlicher Dokumentation, dort u.a.: Festschrift des verstorbenen Sohnes von Pfr. Seeber; Hannspeter Seeber, zum 50-jährigen Bestehen der Akademie.

Text/Bild: hh