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Empfang des Ev. Kirchenkreises mit Dr. Andreas Hollstein

Mit ihrem jährlichen Empfang zum Buß- und Bettag will die Evangelische Kirche ein politisch und gesellschaftlich relevantes Zeichen setzen. Dr. Andreas Hollstein ist Bürgermeister der Stadt Altena und sprach über die Notwendigkeit, die Bürgergesellschaft angesichts des Auseinanderdriftens der Gesellschaft zu stärken.
Empfang des Ev. Kirchenkreises mit Dr. Andreas Hollstein

Superintendentin Katrin Göckenjan und Dr. Andreas Hollstein (Foto: wol)


KIRCHENKREIS / MARL – „Seit der Buß- und Bettag kein gesetzlicher Feiertag mehr ist, wollen wir an diesem Tag, der ein kirchlicher Feiertag bleibt, ein Zeichen setzten“, sagt Katrin Göckenjan, die Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Recklinghausen. Deshalb findet an diesem Tag neben zahlreichen Gottesdiensten auch ein Empfang des Kirchenkreises statt – in diesem Jahr zum zweiten Mal hinter einander im Gemeindezentrum der Dreifaltigkeitskirche in Marl-Brassert.

Als Gast hielt Dr. Andreas Hollstein (CDU), Bürgermeister der Stadt Altena, ein Impulsreferat. Hollstein wurde im November 2017 Opfer einer Messerattacke in einem Imbiss, bei der ihm ein Mann ein Messer an den Hals hielt und ihn verletzte. Nur das beherzte Eingreifen des Imbissbesitzers und seines Sohnes (beide türkischstämmige Kurden) verhinderte Schlimmeres. Der Angreifer wollte die liberale Flüchtlingspolitik in Altena anprangern. Die Gemeinde hatte sich freiwillig bereit erklärt, 100 Flüchtlinge mehr aufzunehmen, als sie es nach dem Verteilungsschlüssel hätte tun müssen.

Kirche dürfe sich in der Diskussion der Flüchtlingsfrage und dem Auseinanderdriften der Gesellschaft nicht zurückziehen, müsse neue Orte der Begegnung bieten, hatte Superintendentin Katrin Göckenjan in ihrer Begrüßung der Gäste gefordert. In einer Zeit, in der die Gemeinschaft sich gegenseitig misstraue, gelte es, wieder gemeinsamen Boden zu finden. Auch in diesem Sinne könne der Buß- und Bettag ein Tag des Innenhaltens, der Besinnung und auch der Orientierung in wichtigen Fragen sein.

Anschließend schilderte Andreas Hollstein die Zusammenhänge der Flüchtlingspolitik in der 17.000 Einwohner zählenden Gemeinde Altena. Hier hatte sich ein breites Bürgernetzwerk zusammengefunden, das zahlreiche Projekte in der Stadt in ehrenamtlicher Arbeit umgesetzt hatte. „Daraus entwickelte sich ein großer Helferkreis von 'Kümmerern', die sich auch in der Unterstützung der Flüchtlinge engagierten“, berichtete Hollstein in Marl. Die Entscheidung mehr Flüchtlinge aufzunehmen und sie dezentral unterzubringen, wurde von einer breiten Mehrheit getragen. Ein Brandanschlag von jungen Feuerwehrleuten auf eine der Wohnungen und dann die Messerattacke waren aber deutliche Zeichen dafür, dass die Stimmung nach 2015 kippte.

Bald erhielt der Bürgermeister Drohbriefe, 2017 kam es zu dem Übergriff. „Nachdem ich mich entschlossen hatte, die Attacke öffentlich zu machen, erhielt ich rund 8000 Hassmails und  Drohbriefe mit strafrechtlich relevantem Inhalt“, so Andreas Hollstein. „Der Satz ‚Hätte deine Frau für dich zuhause was Deutsches gekocht, hättest du nicht in den Imbiss gehen müssen’, war noch der harmloseste“, so der CDU-Politiker. Hollstein macht nicht die Einzeltäter verantwortlich, sondern die Anstifter: „Sie tragen die Verantwortung“, sagt er.

Andreas Holstein steht zu seinen Entscheidungen. „Der Satz der Kanzlerin: 'Wir schaffen das', war richtig“, sagt er. „Er war als Aufgabe gemeint. Die Grenzöffnung 2015 war nicht illegal. Was hätte man sonst tun sollen? 500.000 Menschen erschießen?“

Natürlich gebe es unter den Geflüchteten Kriminelle, aber auch wunderbare Menschen. „Das ist ein Querschnitt, der da kommt“, so Hollstein in Marl. Eindringlich lobte er den Einsatz aller Ehrenamtlichen, die sich überall für Geflüchtete einsetzen. „Seien Sie stark, machen Sie weiter“, forderte er die Zuhörer in Marl auf. „Menschen, die ihr Herz öffnen, werden immer gewinnen!“

Zum Abschluss des Empfangs stellte Dr. Ulrike Preuß die von der kirchlichen Stiftung „ernten und säen“ im vergangenen Jahr geförderten Projekte und Institutionen vor. Zwei Einrichtungen präsentierten sich und ihre Arbeit beim Empfang in Marl. (wol)