„Getröstet wunderbar“* PFARRKONFERENZ: Klausurtagung mit Prof. Dr. Ralf Stolina
KIRCHENKREIS – Auf ihrer diesjährigen Klausurtagung in Bad Malente in der Holsteinischen Schweiz beschäftigte sich die Pfarrkonferenz des Evangelischen Kirchenkreises Recklinghausen mit dem Thema Trost als einem wichtigen Aspekt der Seelsorge aber auch als persönliches Thema (auch „professionelle“ Tröster sind trostbedürftige Menschen).
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der diesjährigen Klausurtagung der Pfarrkonferenz des Kirchenkreises in Malente.
Dazu nahm der mitgereiste Referent, Prof. Dr. Ralf Stolina aus Schwerte, die teilnehmenden Pfarrerinnen und Pfarrer mit auf eine Erkundungsreise durch das Alte und Neue Testament und durch die Geschichte der Theologie und Philosophie. Wichtige Stationen dieser Reise waren das Buch Hiob, die Psalmen, der Prophet Jeremia und die Geschichte der Passion Jesu sowie der Theologe Dietrich Bonhoeffer und der Philosoph Hans Blumenberg.
Was ergab sich daraus für die Frage nach dem Trost?
Zunächst ganz allgemein: der Mensch ist ein zutiefst trostbedürftiges Wesen angesichts alles dessen, was ihn leiden und traurig sein lässt: die Erfahrung von körperlichem und seelischem Schmerz, der Verlust eines geliebten Menschen, die Erfahrung eigener Schuld; aber er ist auch ein trostfähiges Wesen (Hans Blumenberg). Wobei zu sagen ist, dass Trost grundsätzlich immer unter dem Verdacht bloßer Vertröstung steht, die sich nicht auf eine Beziehung zu dem zu Tröstenden einlassen will und lediglich zur Verschleierung des Leidens beiträgt.
Was aber ist dann echter Trost?
Das kann man besonders gut und beispielhaft in der Erzählung von Hiob und seinen Freunden ler-nen. Die Freunde sind einfach da, schenken Hiob ihr Mitgefühl und ihre Gemeinschaft. Sie helfen ihm zu beklagen, was ihn bedrückt, und entreißen ihn so dem Verstummen. Die Klage ist ein wich-tiger Teil des Trostes – hat sie bei uns genügend Raum? Am Ende stoßen die Freunde in ihrem Bemühen zu trösten bei Hiob an Grenzen. Da nämlich, wo sie die Unerklärbarkeit seines Leidens nicht mehr aushalten und beginnen, es zu deuten (z.B. als Strafe für Schuld oder als Bestandteil göttlicher Pädagogik) und ihm zu raten, was er tun soll. Was Hiob schließlich tröstet, ist wahrzunehmen, dass er aus der Gottesbeziehung nicht herausgefallen ist, obwohl er bei Gott gegen Gott aufbegehrt, und dass er bei Gott einen Namen hat und behält.
Was lässt sich zusammenfassend über das Thema „Trost“ sagen?
Der Mensch ist ein trostbedürftiges und trostfähiges Wesen. So wenig sich der Mensch selber das Leben gibt, so wenig kann er sich selber trösten. Trost ist vielmehr ein Beziehungsgeschehen zwischen Mensch und Gott, aber auch der Menschen untereinander. Menschen sind berufen füreinander Tröster zu sein im mitfühlenden Dasein und Dabeisein. Die menschliche Gemeinschaft im Leiden lässt Gottes Gemeinschaft, Gottes Liebe und Gottes Trost menschlich spürbar werden. In der Klage findet die leidvolle Situation in der Beziehung zu Gott Ausdruck. Trost ist letztlich das Vertrauen, in einer tragenden Beziehung geborgen zu sein, aus der ich auch in heilloser Finsternis nicht herausfalle.
Trost verändert die Situation von Menschen in heilvoller Weise. Er lässt die Seele aufatmen, hilft widerstehen im Leid und ermöglicht ein Weiterleben auch jenseits von einem Punkt, wo leidverursachende Umstände nicht zu verändern sind. Letztlich ist Trost ein ganz und gar unverfügbares Geschehen. Wir haben es nicht in der Hand, ob Trost gelingt. Aber wir können darauf vertrauen, dass „der Gott allen Trostes“ (Apostel Paulus) durch Menschen trösten will.
* (Titel entnommen aus Dietrich Bonhoeffers Lied „Von guten Mächten“)
Text: Pfarrer Thomas Jarck, Krankenhausseelsorge Recklinghausen, Foto: es