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Gottes Kraft stellt alles auf den Kopf

JAHRESLOSUNG 2012 Gedanken von Superintendent Peter Burkowski - „Lass Dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ (2. Korinther 12, 9) Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig… Wenn man diesen Satz gerade nicht in kirchlichen Räumen an die Wand hängen würde, was würde dann wohl passieren?
Gottes Kraft stellt alles auf den Kopf

Superintendent Peter Burkowski

Ich stelle mir vor, wir hängen ihn an die Glasfassade eines großen Betriebes, in dem es schon lange darum geht, den Kostenfaktor Mensch so gering wie möglich zu halten. Also darf niemand schwach sein oder eine Schwäche zeigen…
Oder wir hängen diesen Satz an die Wand des Sozialministeriums, in dem gerade über Arbeitslosigkeit, Kinderarmut und die Pflegesituation in unserem Land beraten wird.
Oder wir versuchen es einmal in den Fluren der Weltbank….

Sobald der Satz den Zusammenhang der Bibel verlässt, wird er zu einem Fremdkörper und vielleicht sogar zu einer Provokation. Die Schwachen werden stark, die Kleinen werden groß, die Ohnmächtigen bekommen einen Platz und werden zum Maßstab für das Leben.

Und was für die Jahreslosung gilt, das gilt auch für die gesamte Botschaft der Bibel, wenn sie auf die Wirklichkeit der Welt trifft. Sie ist fremd, wird nicht verstanden und oft abgelehnt. Der Grund liegt allerdings nicht darin, dass die Bibel ein altes Buch wäre oder weil der 2000 Jahre alte Bibelvers heute nicht mehr verstanden würde.

„Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“


Nein, der Grund liegt gerade darin, dass er sehr genau verstanden wird. Die Jahreslosung für das Jahr 2012 bringt auf den Punkt, was die gesamte Bibel durchzieht: Gott ändert die Verhältnisse. Gott macht die Schwachen stark. Gott kommt in der Ohnmacht zum Ziel. Genau dieses zieht sich wie ein roter Faden durch die Bücher der Bibel.

Gottes Kraft zeigt sich in den Schwachen und Armen, bei den Gebeugten und Entrechteten. Da ist der junge David, der es mit Goliath aufnimmt. Da wird berichtet, dass Mose nicht gut reden konnte; und doch geschieht unter seiner Führung die Rettung. Gott nimmt sich des versklavten Volks Israel in Ägypten an und führt es ins Gelobte Land.
Gott erhört das Flehen der unfruchtbaren Frauen: Sara, Rebecca, Rahel, Hannah. Und auch die Propheten verkünden es: „Den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“ (Jesaja 42,3)

Im Neuen Testament entdecken wir dies alles wieder in dem, was Jesus von Nazareth lehrt und tut, wenn er die Ausgegrenzten in die Gemeinschaft zurückholt, die Kinder in die Mitte stellt – als Vorbilder des Glaubens, wenn er die Aussätzigen heilt oder den Außenseiter in seinem Haus besucht. Und schließlich stirbt Jesus selbst in Einsamkeit und als Ohnmächtiger, aber er wird von Gott auferweckt. In der Botschaft des neuen Lebens ist die Kraft des Todes zerbrochen.

Durch die ganze Bibel hindurch lesen wir: Gott wirkt durch die Schwachen. Zugleich ist dieses Wirken Gottes durch und an den Schwachen mit einer entsprechenden Ethik verbunden, die die Nöte der Ohnmächtigen in den Blick nimmt: Da bleiben die Fremden ebenso im Blick wie auch die Witwen und die Kinder, die Waisen und die Kranken.

Das war immer der Auftrag für Christinnen und Christen und für die Kirche.

„Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“


Die Jahreslosung steht gegen nahezu alles, was in unserer Welt die Maßstäbe setzt: Stärke, Durchsetzungsvermögen, Ausdauer, Selbständigkeit, usw.
Ja, manchmal spüren wir dieses Ärgernis, wenn die Kirche sich stark macht für Flüchtlingskinder und ihre Bildungschancen, für bessere Rahmenbedingungen in der Pflege, für einen anderen Blick auf kranke oder fremde Menschen. Manchmal spüren wir den Gegenwind, wenn da Menschen einstehen für die Schwächeren. Aber so kann es sein, wenn wir Gottes Wort und Gottes Wegen folgen.

Die Jahreslosung 2012 ist aber auch ein Trostwort und ein begrenzendes Wort. Ich muss nicht mit aller Kraft alles tun, nein: durch Gottes Gnade bin ich etwas und nicht durch meine Stärke, meine Leistung, mein Aussehen. Und Gott sagt mir sogar, warum das so ist: Weil bei ihm die Uhren anders ticken und seine Kraft sogar in der Ohnmacht zum Ziel kommt. Gut zu wissen.

Auch für unsere Kirche ist es gut, dies zu wissen. In unseren Zeiten steht die Kirche in manchen grundlegenden Veränderungen. Die sichtbare Kirche sollen wir mit begrenzten Mitteln gestalten. Das ist in der Geschichte der Kirche nicht neu und an vielen Stellen auf dieser Welt ein viel größeres Problem. Aber wir haben uns dieser Aufgabe – als Kirchengemeinde, als Kirchenkreis, als Kirche – zu stellen. Und auch hier gilt: Seine Kraft in der Schwäche mächtig. Auch im Scheitern, in Stagnation und im Unfertigen gibt es eine Kraft, die größer ist als unsere Möglichkeiten.

Denn Gottes „Kraft ist in den Schwachen mächtig”. Eine Jahreslosung mit Tiefenwirkung.

Peter Burkowski, Superintendent