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Grenzenlos wachsende Freiheit führt ins Verderben

Präses Dr. hc. Alfred Buß am Buß- und Bettag 2009: Konzerne fahren Schlitten mit der Politik
Grenzenlos wachsende Freiheit führt ins Verderben

Präses Dr. h.c. Alfred Buß

Zum dritten Mal am Buß- und Bettag lud der Kreissynodalvorstand zum Empfang des Evangelischen Kirchenkreises Recklinghausen in die Gustav-Adolf-Kirche ein. Superintendent Peter Burkowski begrüßte die geladenen Gäste mit einer Erinnerung an die Bedeutung des Buß- und Bettags: „14 Jahre nach der Abschaffung des gesetzlich geschützten Feiertags kommen in unseren Kirchen viele Menschen zusammen und nehmen den alten Sinn dieses Tages bis heute ernst: Buße heißt Umkehr, neue Orientierung für mich, für die Gesellschaft, den Staat und diese Welt: Umkehr. Am Bußtag wurde in der Vergangenheit auf falsche Wege und Sackgassen hingewiesen: auf Armut und Gewalt, Flüchtlingselend und Hunger – und um Umkehr gebetet.“ Obwohl die Ausrufung der Krisen nicht sogleich zu Veränderungen führe, seien die krisenhaft beschrittenen Irrwege Ausdruck des "Endes einer Welt wie wir sie kennen".

Wie die Wahrnehmung der Krisen aus evangelischer Perspektive ausfällt, stellte der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Dr. hc. Alfred Buß “ aus Bielefeld dar.  Sein Gastvortrag stand unter dem Motto „Umkehr aus der Krise. Evangelische Antworten". Präses Buß brandmarkte die Versuche zur Selbsterlösung, wo die Grenzen der Freiheit im Blick auf Wirtschaft und Finanzmärkte ignoriert werden: „Verantwortungslosigkeit beginnt dort, wo die Grenzen der Freiheit mißachtet werden.“ 

Das marktradikale Konzept von Liberalisierung, Privatisierung und Deregulierung habe gezeigt, in welches Verderben die Überschreitung von Grenzen führe: „Konzerne wie Nokia und General Motors fahren immer noch Schlitten mit der Politik.“ Aber die Menschen seien der freien Marktwirtschaft, die in den letzten 20 Jahren herrschte, immer mehr überdrüssig. Die Politik muß die Rahmenbedingungen so ändern, „dass sich das System in eine soziale, ökologische und global orientierte Marktwirtschaft entwickelt.“

Die Finanz- und Wirtschaftskrise machten deutlich, wie wichtig Vertrauen für das Wirtschaften ist. Aber: „Bei Opel erleben die Mitarbeiter seit Monaten ein zynisches Pokerspiel der bekannten Art, ausgetragen auf ihrem Rücken. Die Art und Weise, wie hier von GM Katz und Maus gespielt wird, fördert das Mißtrauen gegenüber Konzernstrukturen und ihren Managern. Offenbar geht es nur um die Sicherung des technischen Know-how und nicht um Menschen.“ Alle derzeitigen Krisen zeigen nach Überzeugung von Präses Buß, wie dringend es ist, Freiheit und Verantwortung in das richtige Verhältnis zueinander zu bringen. Buß- und Bettag bedeute: „Umkehr zum Leben – Umkehr aus der Krise“.

Die Kirche habe dabei nicht die besseren ökonomischen und politischen Konzepte zu bieten. Aber die Motive, des Glaubens „können uns Wege zu einer verantwortbaren Gestaltung der Zukunft weisen“, erklärte der Theologe, der an der Spitze der mit 2,6 Millionen Mitgliedern viertgrößten Landeskirche in Deutschland steht. „Eine freiheitliche Wirtschaftsordnung wird in ihren Fundamenten beschädigt, wenn der erwirtschaftete Wohlstand nicht zum Motor des sozialen Ausgleichs und der globalen Verantwortung wird.“
Denn Freiheit wachse an ihren Grenzen. Unbegrenzt frei zu sein sei keine menschliche Möglichkeit: „Zu unserem Erdendasein gehört die Wahrheit, dass unsere Freiheit Grenzen hat.“ Jenseits dieser Grenzen führe die Freiheit ins Verderben. Dies führten alle gegenwärtigen Krisen vor Augen: Finanzmarkt, Wirtschafts-, Umwelt-, Klima-, Bevölkerungs- und Ernährungskrise. Verantwortliches Leben stehe dagegen in lebendigen Beziehungen: zu Gott, zu den Mitmenschen und zur Schöpfung. Im persönlichen Verhalten, in unternehmerischer Verantwortung, in politischer Regulierung und soziokultureller Orientierung müsse sich die „Umkehr aus verantworteter Freiheit“ vollziehen.

Musikalisch untermalt wurde der Empfang durch die Gruppe Swinging Brass aus Oer-Erkenschwick