Großer Bahnhof für Horst Borrieß - Verabschiedung des langjährigen Schifferseelsorgers
Die Friedenskirche am Schiffshebewerk war zu klein, um alle Menschen zu fassen, die sich zur Verabschiedung von Horst Borrieß eingefunden hatten. Selbst die Stehplätze reichten nicht aus und so standen auch noch einige Gäste vor der Kirchentür. Superintendentin Katrin Göckenjan entpflichtete Horst Borrieß von seinen Aufgaben als Binnenschifferseelsorger. „Wir blicken dankbar auf Ihren Dienst als Binnenschifferseelsorger im Kirchenkreis Recklinghausen zurück und bitten um Gottes Segen für Ihren Ruhestand.“
In ihrer Ansprache wies die Superintendentin auf den Strukturwandel hin, der auch die Binnenschiffer betrifft. Die kleinen familiengeführten Betriebe werden von großen Unternehmen verdrängt. Zeitpläne werden enger. Die Schiffer haben kaum noch Zeit, an Land zu gehen. Vor zehn Jahren wurde das Haus der Schiffergemeinde an der Eichenstraße aufgegeben und die Friedenskirche als Schifferkirche durch den Kirchenkreis von der Kirchengemeinde Datteln übernommen. In dieser Zeit sind um die Kirche viele Aktivitäten entstanden, durch die Kreativität von Horst Borrieß und die vielen Ehrenamtlichen.
„Berufsbedingt haben Sie immer weite Wege machen müssen, um zu den Menschen zu kommen. So haben Sie Menschen erreicht, die sonst kaum die gute Nachricht von der Liebe Gottes erfahren hätten. Damit haben Sie eine eigene Form von Gemeinde gelebt“, machte Superintendentin Göckenjan deutlich. Nicht immer habe dies sich leicht vertragen mit der geordneten Gemeinde am Ort. Mit seinem eigenen Kopf habe es sich Horst Borrieß nicht immer leicht gemacht. Für die Zukunft müsse man die verschiedenen Formen von Gemeinde besser in Beziehung bringen. „Beides ist Kirche – und das ist gut so“, so Göckenjan. Nicht alles aus der Arbeit eines Schifferseelsorgers liegt vor Augen. Vieles geschieht im Verborgenen. „Auf Ihrem Dienst liegt ein besonderer Segen.“
„Diakon zu sein ist etwas Wunderschönes“, machte Horst Borrieß in seiner Predigt deutlich. Er nehme Abschied von seinem Beruf als Binnenschifferseelsorger, aber nicht von seiner Berufung. In den langen Jahren seines Dienstes habe er erfahren dürfen, dass Beten hilft und trägt. Es sei wichtig, einander mitzuteilen und im Alltag Gemeinschaft zu erfahren. Nach wie vor begeistere ihn der Mann aus Nazareth.
In Hamburg hat Horst Borrieß Klavierbauer gelernt und eine Ausbildung zum Diakon am „Rauhen Haus“ absolviert. Eigentlich wollte er nur zehn oder zwölf Jahre in Datteln bleiben. Daraus sind dann 35 Jahre geworden. Nun will Borrieß mehr zur Ruhe kommen und schauen, was kommt. Er fühle sich als „berufstätiger Rentner“. Im Förderverein des Schiffshebewerks, der zukünftig die Friedenskirche trägt, will er bleiben und mitarbeiten, ebenso weiterhin am Sonntagnachmittag beim Kaffeetrinken mitwirken. Für Einsätze in der Notfallseelsorge, die er im Kirchenkreis mit aufgebaut hat, steht er auch bei Bedarf zur Verfügung.
Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst vom Akkordeon-Orchester „Datastico“, das regelmäßig in der Friedenskirche probt und der langjährigen Organistin Marlene Dördelmann (80 Jahre), die ihn seit mehr als 20 Jahren begleitet. Bei den Liedern durfte natürlich „Ein Schiff, dass sich Gemeinde nennt …“ nicht fehlen. Die Kollekte war bestimmt für die Seemannsmission für die Betreuung von Seeleuten und ihren Familien.
Beim anschließenden Empfang hob die Generalsekretärin der Deutschen Seemannsmission, Pfarrerin Heike Proske die Bedeutung der Schifferseelsorge hervor. Die globalisierte Welt sei bei den Schiffern längst angekommen, die aufeinander angewiesen sind. Diakonin Claudia Rackwitz-Busse, Konviktmeisterin im „Rauhen Haus“ war mit jungen Leuten aus dem Konvikt aus Hamburg in die Kanalstadt gekommen. Sie beschrieb Horst Borrieß als sehr temperamentvoll und praktisch. Vom Bürgermeister der Stadt Datteln, André Dora wurde Horst Borrieß noch eine besondere Ehre zuteil. Er durfte sich in das „Goldene Buch“ der Stadt eintragen und war darüber sichtlich gerührt.
Mit dem Eintritt von Horst Borrieß in den Ruhestand wird der Dienst der Schifferseelsorge im Kirchenkreis beendet. Die Friedenskirche bekommt durch den Förderverein des Schleusenparks Waltrop eine neue Nutzung.
Bild/Text: uka
Zum Bild: Mitwirkende bei der Verabschiedung von Diakon Horst Borrieß (Mitte) als Binnenschifferseelsorger: (v.l.) Diakonin Claudia Rackwitz-Busse (Konviktmeisterin im „Rauhen Haus“ Hamburg), Pfarrerin Elke Engel, Pfarrer i.R. Hans Overkämping, Pfarrer Hans-Jörg Richard, Superintendentin Katrin Göckenjan, Diakon Herbert Wiesner (Binnenschifferseelsorge Minden) und Pfarrerin Heike Proske (Generalsekretärin der Deutschen Seemannsmission).