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Kreissynode stärkt die Zusammenarbeit in der Region

Rund 100 Delegierte aus allen Bereichen der evangelischen Kirche und der Diakonie und etwa 20 Personen mit beratender Stimme waren am vergangenen Samstag zusammengekommen, um am Standort der Recklinghäuser Werkstätten angesichts sich rasant verändernder gesellschaftlicher Verhältnisse wichtige Weichenstellungen für die Zukunft ihrer Arbeit zu beraten und abzustimmen und gemeinsam neue Wege zu beschreiten.
Kreissynode stärkt die Zusammenarbeit in der Region

Die Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises Recklinghausen tagte in den Recklinghäuser Werkstätten der Diakonie.

RECKLINGHAUSEN - Das zeigte sich bereits beim Gottesdienst vor den Beratungen in der Philipp-Nicolai-Kirche: Das LitDom-Team mit Pfarrer Christian Siebold, Maike Siebold und Propst Jürgen Quante führte zusammen mit Kirchenmusik-Direktorin und Kreiskantorin Elke Cernysev sowie der Ökumenischen Chorgemeinschaft Oer-Erkenschwick unter Leitung von Michael Schulze durch eine besondere Mischung von Literaturgottesdienst mit Kirchenmusik.

 

Propst Jürgen Quante, Georg Möllers, 1. Beigeordneter der Stadt Recklinghausen in Vertretung von Bürgermeister Christoph Tesche und Ortsdezernentin Pfarrerin Daniela Fricke (Landeskirchenamt Bielefeld) gaben in ihren Grußworten ihre Wertschätzung für die in den letzten Jahren deutlich intensivierte Zusammenarbeit zu erkennen. Die Kirchen seien für die Gesellschaft „unverzichtbar“, so Möllers insbesondere mit Blick auf die vielen Aktivitäten der Kirchen im zurückliegenden Jahr des Reformationsjubiläums und für die christlich-jüdisch inspirierte „Woche der Brüderlichkeit“ und ihr laufendes Jahresprogramm.

 

Ihrem Bericht an die Synodalen über die Aktivitäten der Kirchengemeinden und einiger gemeinsamer Dienste stellte Superintendentin Katrin Göckenjan leitbildartig einige spannende Erkenntnisse aus einer einwöchigen Reise zur reformierten Waldenserkirche nach Torre Pellice im italienischen Piemont mit einer Gruppe Pfarrkolleginnen und -kollegen voran: „Im Nach-denken leuchten wie durch ein Brennglas Merkmale einer Kirche auf, die wenig um sich selbst besorgt ist. Das kann sie sich gar nicht leisten. Im Gegenteil, ein großes Gottvertrauen haben wir wahrgenommen … Es muss ja gar nicht schlimm sein, eine kleine(re) Kirche zu sein. Wenn man gut gegründet, klar und konzentriert gemeinsam seine Arbeit macht, kann man richtig was bewirken.“

 

Angesichts des allgemein schwindenden Interesses an kirchlichen Gottesdienstangeboten und des im Verhältnis dazu immer noch hohen personellen und finanziellen Aufwandes, ermutigte die Superintendentin die Delegierten zum nachbarschaftlichen Austausch über die Frage, wie ein differenzierteres Angebot mit (noch) weniger hauptamtlichem Personal in Zukunft vorgehalten werden könne.

 

Dass gegenwärtig bereits mehr Pfarrerinnen und Pfarrer im Ruhestand sind als im aktiven Berufsleben, führe zu der Überlegung, welche Angebote und Strukturen nötig seien, um pensionierte Theologinnen und Theologen mit ihren Gaben und Fähigkeiten in die Gemeindearbeit einbinden zu können, so Göckenjan. Die aktiven Pfarrteams stünden angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen vor der Herausforderung, sich als Seelsorgerinnen und Seelsorger mit anderen Berufsgruppen zusammen zu multiprofessionellen Teams weiter zu entwickeln.

 

Mit der von der Kreissynode im November letzten Jahres beschlossenen neuen Stelle für Jugendarbeit, die voraussichtlich ab Dezember dieses Jahres ihre Arbeit aufnimmt, werde in Zukunft nicht nur ein deutliches Signal für die Bedeutung der Nachwuchsarbeit in der Region gesetzt, sondern auch ein neues Gesamtkonzept erarbeitet werden im Spannungsfeld zwischen dem, was Jugendliche brauchen und den Erwartungen der Kirchengemeinden, so Göckenjan. 

 

Göckenjan lud die Delegierten dazu ein, im Anschluss an ihren Bericht an Stehtischen im Eingangsbereich gemeinsam darüber laut nachzudenken, wie sie ihre Arbeitsstrukturen in den wichtigsten Bereichen Gottesdienste, Seelsorge, Jugendarbeit, Pfarrdienst und Ehrenamt mit weniger hauptamtlichem Personal in Zukunft anders aufstellen und profilieren könnten. Die Ergebnisse der je zehnminütigen Diskussionsrunden wurden später blitzlichtartig von den Moderatorinnen und Moderatoren vorgestellt, eine Zusammenstellung der Beiträge soll folgen.

 

Nach dem gemeinsamen Mittagessen setzten die Delegierten ein gesellschaftspolitisches Zeichen mit dem einstimmigen Beschluss für die Errichtung und Finanzierung einer Regionalpfarrstelle „Gesellschaftliche Verantwortung“ zusammen mit dem Kirchenkreis Gladbeck-Bottrop-Dorsten, für den dessen Delegierte einen Tag zuvor bereits eine Steilvorlage gegeben hatten. In der Begründung hieß es: „Weil vielen inzwischen die Kirche gleichgültig geworden ist, kommt es zukünftig immer mehr darauf an, in gesellschaftlich umstrittenen Fragen erkennbar aussagekräftige, evangelische Positionen zu artikulieren“.

 

Der bisherige Recklinghäuser Industrie- und Sozialpfarrer und Soziologe Dr. Hans Hubbertz wird das neue Pfarramt mit Dienstsitz im Kirchenkreis Gladbeck-Bottrop-Dorsten leiten. Durch ihn sollen die Kirchengemeinden und Kirchenkreise in der Region von Emscher und Lippe dabei unterstützt werden, „das Evangelium als gestaltende Kraft in wirtschaftliche und sozialpolitische Prozesse und in die Lebenswirklichkeit der Beschäftigten“ einzubringen, wie es in der Vorlage heißt. Darüber hinaus sind selbstverständlich Politik, Gewerkschaften, Unternehmen, Betriebsräte und Arbeitgeberverbände sowie Berufsschulen und Lehrkräfte weitere wichtige Ansprech- und Kooperationspartner.

 

Insgesamt steht die neue Pfarrstelle für eine verstärkte und koordinierte Zusammenarbeit in der Region und dafür, die kritische Stimme der Kirche in den sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Konfliktfeldern unserer Zeit hörbarer zu machen und zu stärken. Zusammen mit dem länger schon aktiven „Ausschuss für gesellschaftliche Verantwortung“ konnte Hubbertz bereits einige gesellschaftlich relevante, kritische Themen benennen: beispielsweise die Bekämpfung von Armut, die gesellschaftliche Benachteiligung von Frauen, der Facharbeitermangel, bezahlbarer Wohnraum oder die Rolle der Kirche als Arbeitgeber. Aktuell fertigte Hubbertz die Vorlage für ein kirchliches Grundsatzpapier gegen die zunehmende Kommerzialisierung der Adventszeit aus Anlass der Öffnung des 3. Adventssonntages in Recklinghausen.

 

Deren Gesamtziel entsprechend wird auch die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit in der Region von Emscher und Lippe, die im Zeitalter der Digitalisierung das Evangelium auf den unterschiedlichsten Kanälen unter die Menschen bringen soll, zwischen Bottrop und Waltrop neu aufgestellt werden. Wie die in Gladbeck tagenden Delegierten einen Abend zuvor, befürworteten auch die Recklinghäuser Kreissynodalen ein entsprechendes Konzeptionspapier einer Kirchenkreis übergreifenden Arbeitsgruppe. Die Beschlüsse für die Einrichtung beider Arbeitsbereiche seien „ein wichtiger Schritt zu intensiverer Kooperation im Gestaltungsraum“, sagte Superintendent Dietmar Chudaska (Gladbeck-Bottrop-Dorsten).

 

Dr. Ulrike Preuß erläuterte anschließend die Sicht des Finanzausschusses, dass die unmittelbar an der Entwicklung von Lohn- und Einkommenssteuer hängenden Kirchensteuereinnahmen im Jahr 2017 um fast 7 Prozent gestiegen seien und damit ein Plus von insgesamt etwa eineinhalb Millionen Euro verteilt werden könne. Die Einführung des Neuen Kirchlichen Finanzmanagements (NKF) und die damit verbundenen Umstellungen gestalte sich in allen betroffenen Kirchenkreisen allerdings „schwieriger als gedacht“, auch weil „jeder Kirchenkreis anders ist“. Externe Beratung und Begleitung seien nötig. Projektleiter Torsten Block erklärte, dass „es vier bis fünf Jahre dauern wird, bis die Veränderungen greifen und eine Struktur geschaffen ist – es braucht die Zeit, bis die Routine drin ist.“

 

Mit der Berufung von Jens Flachmeier stellten die Delegierten dem Synodalbeauftragten für Flüchtlingsarbeit, Pfarrer Christian Hüging, einen kompetenten und erprobten Mitstreiter zur Seite, um das unbeirrbare Engagement für eine solidarische Gemeinschaft in den Kirchengemeinden und in der Region weiter zu stärken. Vor dem Hintergrund der erhöhten Zuwanderung von Flüchtlingen nach Deutschland hatte die westfälische Landeskirche seit dem Jahr 2016 ihren 27 Kirchenkreisen pro Jahr jeweils eine Million Euro zum Aufbau der Flüchtlingsarbeit in den Kirchengemeinden zur Verfügung gestellt. Die Kreissynode appellierte in ihrem Antrag an die Landessynode, die Flüchtlingsarbeit weiter in voller Höhe zu unterstützen, denn, so Hüging, die Arbeit habe sich „von der Willkommenskultur zur Integration und Bildung verlagert.“

 

Einstimmig verabschiedeten die rund hundert Delegierten die von Ulrich Kamien erarbeitete und vorgelegte neue Satzung des Kirchenkreises, mit der die Rahmenbedingungen für die Arbeit insgesamt den aktuellen Erfordernissen angepasst werden. GH (Fotos: uka)