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"Partnerschaft braucht Beine" - Dr. Bingham Tembes Impulse für die Ökumene

Von 1989 bis 2005 war Dr. Bingham Tembe Ökumenereferent im Evangelischen Kirchenkreis Recklinghausen. Etwa zwei Monate Arbeit hat der landeskirchliche Archivpfleger Martin Kamp investiert, um dessen umfangreiches Vermächtnis für die Nachwelt zu dokumentieren.

Matin Kamp überreichte Dr, Tembe das rund 250 Seiten starke Zeugnis im Foyer des Hauses des Kirchenkreises im kleinen Kreise einiger, die in Vergangenheit und Gegenwart seine Werk begleitet und fortgeführt haben.

Das Dokument eröffnet einen tiefen Einblick in die vielschichtige Denkwelt und Netzwerkarbeit des leidenschaftlich Engagierten und christlich Sozialisierten. Ein würdiger Anlass, um sich anschließend beim gemeinsamen Gespräch im Öffentlichkeitsreferat seiner außergewöhnlichen biografischen Entwicklung und Wirkungsgeschichte zu widmen.

Als Kind erlebte der in 1940 in Dundee (Republik Südafrika) geborene Tembe die verheerenden Folgen der Apartheid. Der leidenschaftliche Kampf für die Unabhängigkeit der Schwarzafrikaner und gegen Rassismus wurde sein Lebensthema.

Bereits während seines Studiums der Ethnologie und Afrikanistik am Universitätscollege von Zululand und später als Stipendiat an der Universität in Köln engagierte sich Tembe öffentlich politisch und wurde 1974 Gründungsmitglied der Deutschen Anti-Apartheidbewegung. Nach Forschungsaufent-halten in Aberdeen, London und Uppsala promovierte er über die Rolle der Kirchen bezüglich der Landfrage und der Bildung in Südafrika.

Da seine Dissertation Wortlaute aktiver Afrikaner im Widerstand enthielt und er deswegen auf die sogenannte „schwarze Liste“ gesetzt wurde, stellte Tembe 1976 einen Asylantrag wegen politischer Verfolgung. Dem wurde 1977 stattgegeben. 1988 wurde er aus familiären und politischen Gründen Bürger der Bundesrepublik Deutschland.

Auf die Stellenausschreibung als „Ökumenereferent“ in der kirchlichen Wochenzeitungen „Unsere Kirche“ bzw. „Der Weg“ bewarb sich Tembe im Oktober 1989 erfolgreich und trat die Stelle im Januar 1990 an. Seine Aufgabe war anspruchsvoll: Im Kirchenkreis Recklinghausen und in der Region ein Lernfeld für gelebte Ökumene ermöglichen, theoretisch und praktisch.

Mit seinem biografischen Hintergrund und seinen inzwischen weltweiten Kontakten im Kampf gegen Apartheid und Rassismus konnte Tembe viele kritische und interessierte Zeitgenossen weit über die Region hinaus und quer durch alle Religionen und Konfessionen für sein Lebensthema begeistern und für gemeinsame Aktionen und Projekte gewinnen.

 „Es war die Zeit der funktionalen Dienste“, erinnerte Tembes Weggefährte Pfarrer Dieter Borchers beim Gespräch. Eine Zeit der kritischen Reflexion und Diskussion über das Verständnis von „Kirche“ und „Mission“, in der Personal und Geld zur Verfügung stand, um neue Arbeitsfelder aufzubauen.

Zusammen mit Borchers, der Journalistin Ute Hüttmann und dem kreiskirchlichen Ökumene-Ausschuss konnte Tembe der Ökumene in der Region viele wichtige Impulse geben, die zum Teil auch in die Gottesdienstgestaltung und Bildungsarbeit eingeflossen sind.

Auch die seit 1980 bestehende Partnerschaft mit dem Magharibi-Kirchenkreis in Tansania profitierte davon. Durch viele gegenseitige Besuche, Gespräche, gemeinsame Projekte und Feiern inspiriert, konnten die Beteiligten für sich persönlich wie auch für ihre entwicklungspolitische Bildungsarbeit in den Gemeinden immer wieder neue Ideen und Überzeugungskraft schöpfen. „Partnerschaft braucht Beine“, brachte der ehemalige Superintendent Peter Burkowski die Dynamik der Partnerschaftsarbeit auf den Punkt.

Für die konkrete Friedensarbeit vor Ort konnte Tembe an den von Pfarrer Hartmut Dreier in Marl initiierten Dialog zwischen Juden, Christen und Muslimen anknüpfen, der sich seit dem Jahr 2000 im sogenannten Abrahamsfest etabliert hat. Um den Fairen Handel stärker ins Bewusstsein der Verbraucher zu bringen, initiierte Tembe im Verbund mit den Ökumenebeauftragten anderer Regionen immer wieder Diskussionen und Projekte, anhand derer der enge Zusammenhang von Solidarität und Entwicklung deutlich werden konnte.

„Tembe prägte die Arbeit“, würdigte Kreissynodalarchivpfleger und Pfarrer i.R. Klaus Wöhrmann die geleistete Arbeit Tembes bis zu dessen Ruhestand im Jahre 2005. „Das ist nicht zu toppen“, stimmte auch Tembes Nachfolger Detlef Pflaumbaum zu, der im Februar 2018 in den Ruhestand geht. „Du hast zwischen den Referaten und der Verwaltung Brücken gebaut“, lobte Ulrich Kamien die gute Zusammenarbeit mit Tembe auf der Ebene der Verwaltung. Tembes Ehefrau Zelida gab zu erkennen, dass sie sich in den unsicheren Zeiten zeitweise fremd in der deutschen Gesellschaft gefühlt habe. Heute engagiert sie sich für die Themen Frauen und Transparenz.

„Ohne Hauptamtliche bricht die Arbeit ab, weil es keine Kommunikation mehr gibt“, sagte Borchers mit Blick auf die fehlende Nachfolge zum Abschluss des Gesprächs. Wie das Thema Ökumene und seine vielfältige Wirkungsgeschichte in der Region aufgenommen wird und unter den Anforderungen aktueller Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft neu Gestalt gewinnen kann, darum will sich der weiterhin existierende Ökumene-Ausschuss kümmern. Womöglich gibt es hierzu auch eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem neu installierten Ausschuss für Gesellschaftliche Verantwortung. GH