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Pfarrkonferenz zum christlich-islamischen Dialog

MARL Mit dem Motto "Wir sind gemeinsam unterwegs, haben aber religiös getrennte Auffassungen" beschrieb Pfarrer Roland Wanke programmatisch, wie der interreligiöse Dialog der beteiligten Akteure im Evangelischen Kirchenkreis Recklinghausen verlaufe. Um in den Blick zu nehmen, welche Aktivitäten sich in den beiden Nachbarkirchenkreisen Gladbeck-Bottrop-Dorsten und Recklinghausen derzeit im Arbeitsfeld des christlich-islamischen Dialogs abzeichnen, traf sich die gemeinsame Pfarrkonferenz der beiden Kirchenkreise in Marl im Gemeindehaus der Kulturen an der Pauluskirche am Montag, dem 5.9.2016.
Pfarrkonferenz zum christlich-islamischen Dialog

Pfarrer Roland Wanke beschrieb die Erfahrungen im christlich-islamischen Dialog auf der Pfarrkonferenz

  • Kirchenkreis Recklinghausen
Pfarrer Bernhard Stahl berichtete vom Christlich-Islamischen-Arbeitskreis (CIAK) aus Herten, in dem evangelische, katholische und muslimische Bürger und Bürgerinnen engagiert seien. In Herten bestünden z.Z. vier Gemeinden des Islamverbands DITIB*. Die DITIB ist der Dachverband derjenigen türkisch-islamischen Religionsvereine in Deutschland,  die in enger Verbindung mit dem Amt für Religiöse Angelegenheiten in der Türkei stehen. Die meisten Moscheevereine in Deutschland gehören zum DITIB-Verband. "Die meisten Imame in Deutschland sind DITIB-Vertreter; sie sprechen selten deutsch", beschrieb Stahl seine Erfahrungen. "Daher ist es gut, dass wir in Herten deutsch sprechende Gemeindeleiter haben." Daneben fänden sich in Herten VIKZ-Gemeinden (Verband der Islamischen Kulturzentren e.V), die aus einer eher mystischen Richtung stammten, erläutete Stahl. Sie legten Wert auf religiöse Bildung und betrieben eigene Bildungseinrichtungen in Deutschland. "In der Regel machen wir mit beiden Partner gute Erfahrungen", resümierte Stahl. 
Die CIAK in Herten arbeitete seit 2003 und sei aus einem Schulprojekt hervorgegangen. "Wir entdecken unsere Schätze", sei die durchgängige Erfahrung der Arbeit, so Stahl. Die gemeinsame Arbeit diente von Anfang an dem Kennenlernen mit Besuchen in Kirchen und Moscheen. Zuletzt habe man eine gemeinsame Gedenkveranstaltung zum Bergwerksunglück in Soma im Glashaus durchgeführt; die kam auch bei türkischen Mitbürgern gut an. Aktuell geplant sei ein gemeinsames Friedensgebet im Glashaus der Stadt Herten.  "Vor vierzig Jahren wurden auf Synoden Beauftragte für ausländische Mitbürger eingesetzt, d.h. ein Vorlauf der Dialogarbeit. Von unserem Friedensauftrag her, ist es nötiger den je, auf Frieden hinzuwirken. Dazu haben wir als evangelische Kirche einiges beigetragen", rief Stahl die Zuhörerinnen und Zuhörer auf.
 
Pfarrer Roland Wanke berichtete von der in Marl seit 1984 aktiven christlich-islamische Arbeitsgemeinschaft, die auf ein sog. internationales Frauenfrühstück aus dem Jahr 1979 zurückginge. In Marl fänden sich z.Z. sechs Moscheen; zwei davon gehörten zum Verband DITIB, die  vor zwei Wochen zwei neue Imame bekamen. In Marl arbeite neuerdings ein aus Glabeck stammender Imam bei DITIB. Ein DITIB-Verein plant derzeit im Nordwesten von Marl eine neue Moschee zu bauen. "Es gibt keine Regeln, vieles ist von persönlichen Beziehungen abhängig und von den einzelnen Leuten, die da aktiv sind", berichete Wanke. Seit einiger Zeit gäbe es in Marl zwei arabische Moscheen, die aufgrund der Flüchtlingssituation wachsen. Das sog. 'Abrahamsfest', sei das älteste in Westfalen und beschäftige im Moment den Marler Arbeitskreis: Zahlreiche Veranstaltungen seien geplant, mit einem Auftakt in der Recklinghäuser Synagoge. Das Abrahamsfest ende traditionell mit einem grossem Gastmahl im Rathaus, zu dem drei- bis vierhundert Menschen kämen, um die Darbietungen kultureller Art zu genießen.
Die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş e. V. verfüge in Marl ebenfalls über eine eigene Moschee und wurde bis vor kurzem vom Verfassungsschutz beobachtet.
Als Gast wohnte Frau Intisar Saif der Pfarrkonferenz bei, die als  Dipl.-Ing. für Technische Gebäudeausrüstung über berufspädagogische und IT Qualifikationen verfügt und in der Steuerungsgruppe des christlich-islamischen Dialoges mitarbeitet; sie spricht arabisch und kennt sich mit der arabischen Moschee in Marl aus. "Seit 1985 kamen Flüchtlinge aus Libanon nach Krieg nach Marl. Die Gründung der Moschee ging zeitlich einher mit dem jüngsten Krieg in Syrien" erzählte sie. Man habe erreichen können, Christen, Muslime und Jesiden miteinander in Kontakt zu bringen. Ihr Engagement sei aus einer Frauengruppe hervorgegangen; heute arbeite die inzwischen gewachsene Gruppe als Kultur- und Bildungsverein. "Die Sprache und unser kultureller Hintergrund soll den Kindern vermittelt werden", sei das Anliegen der Arbeit des Vereins, so Saif. Roland Wanke machte darauf aufmerksam, dass vor allem Frauen die Flüchtlingsarbeit organisiert hätten und in vielen Fääen Übersetzungsarbeit leisteten, u.a. im Integrationsrat in Marl.
 
Für Recklinghausen erläutete Pfr. i.R. Dr. Jürgen Schwark, die Arbeit des dortigen Christlich-Islamischen Arbeitskreises, der seit 1993 bestünde. Damals ereigneten sich Brandanschläge mit rassistische Motiven auf Ausländer in Solingen. In Recklinghausen seien wie in Marl und Herten die drei grossen Verbände vertreten.
"Im Moment ist ciak fast ein Freundeskreis geworden", so Dr. Schwark. Am 24.9.16 sei die "Nacht der offenen Gotteshäuser" geplant, wo mit drei Bussen, Moschee, Kirche und Synagoge besucht werden könnten. Die Vestischen Strassenbahnen stellten die Busse zur Verfügung. Zuletzt habe man mit fünf Hodschas zusammengearbeitet. Zahlreiche "Zeichen für gutes Vertrauen" seien wahrzunehmen. Geplant ist neue Städtepartnerschaft mit Türkei.
 
  • Kirchenkreis Gladbeck-Bottrop-Dorsten
Thomas Dreesen, der in der Jugendarbeit in Viligst arbeite, berichtete für den Kirchenkreis Gladbeck-Bottrop-Dorsten, wo ein christlich-islamischer Dialog seit 2007 bestünde, dessen Wurzeln im Bergbau lägen. Bereits Ende der 70er Jahre habe es VIKZ-Bildungsreisen in die Türkei gegeben, um Dialoge aufzubauen. Zahlreiche Begegnungen mit Schulen und Gewerkschaften prägten die Tradition der Arbeit.
Der VIKZ betreibt in Gladbeck ein Bildungszentrum. Die Moschee  der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş e. V. in Gladbeck sei, so Dreesen, als erste aus  der Beobachtung durch den Verfassungschutz heraus genommen worden. Daneben fände sich Gladbeck ein grosses Alevitisches Zentrum und ausserdem eine marokanisch-stämmige Gemeinde, die strikte Geschlechtertrennung durchführe.
Bottrop habe seit langer Zeit zwei DITIB-Gemeinden, die aus der Bergbautradition seit dem im interreligiösen Dialog stünden. Der gemeinsame Haldengottesdienst liefe seit 15 Jahren unter Beteiligung der Imame. Seit 1998 gestalte man einen sog. Nachbarschaftstag mit Rundreisen durch verschiedene Gotteshäuser. Das Gülenzentrum in Bottrop ist nach den aktuellen Putschgerüchten in der Türkei in die Krise geraten. Gekoppelt an die Bottroper Martinskirche werde die Nacht der offenen Gotteshäuser gefeiert, die aus dem Kulturhauptstattjahr 2010 hervorgegangen sei. 
In Dorsten fände man ebenfalls ein VIKZ-Bildungszentrum und eine DITIB-Moschee. 
 
Darüber hinaus seien Vertreter und Vertreterinnen aus den Städten Datteln und Oer-Erkenschwick  in CIAK- Arbeitskreis beteiligt, ergänzte Roland Wanke die Rundumschau in den beiden Kirchenkreisen.
 
Pfarrer Ingo Janzen schilderte der Pfarrkonferenz die Arbeit im Abrahamshaus in Marl. Man lade vor allem Grundschulen ein, wo Christen und Muslime sich selbst vorstellten. Ingo Janzen: "Kinder können haptisch daran teilhaben, wo Religion den ganzen Menschen berührt." Ein interreligiöses Team könne Gruppen von 15-20 Leute empfangen, die in eine Wohnung im Kolpinghaus kommen könnten, wo das Abrahamshaus derzeit untergebracht sei..
 
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Text/Bild: hh