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Solokonzert Barockcello

MARL - Konzertcellist Ludwig Frankmar tritt in der Kreuzkirche Marl auf - Zu diesem Konzert lädt die Ev. Stadt-Kirchengemeinde Marl am Freitag, 25. Januar um 19:30 Uhr in die Kreuzkirche, Goldregenstraße 15, ein. Der schwedische Barockcellist Ludwig Frankmar, in Berlin ansässig, spielt auf seinem fünfsaitigen Barockcello Werke von Giovanni Bassano, Domenico Gabrielli und Johann Sebastian Bach.

Frankmar hatte Anstellungen als Solocellist an der Barcelona Oper, an der Göteborg Oper sowie an der Camerata Bern.
Eintritt frei, Spende erwünscht. 
Mehr zu dem Programm und der Musik:

PROGRAMM
Ludwig Frankmar, Barockcello (Louis Guersan, Paris 1756)

Silvestro Ganassi
*1492  
3 Ricercate  
aus ‘Regola Rubertina‘, Venedig 1542

Giovanni Battista Degli Antonii  
1636–1698  
Ricercate VIII IX X XI XII
aus ‘12 Ricercate sopra il Violoncello o Clavicembalo’, Bologna 1687

Johann Sebastian Bach
1685–1750  
Suite Nr. 5 c-Moll, BWV 1011  
Preludium–Allemande–Courante–Sarabande–Gavotte–Gigue
aus ‘6 Suites à Violoncello solo senza basso’, Köthen um 1720


Einstimmige Musik von Meistern der Mehrstimmgkeit
Johann Sebastian Bachs um 1720 entstandene Solowerke für Violin und Violoncello sind die letzten Vertreter einer sehr alten Tradition die im Venedig des 16. Jhs. - in der Übergang zwischen Renaissance und Barock - ihr Anfang nahm. Um Mehrstimmigkeit auf solistische Instrumentalstimmen zu realisieren waren die damaligen Komponisten architektonisch vorgegangen: musikalische Elemente wurden wiederholt, vergrößert, ineinander gefügt, und erzeugten eine Illusion von Mehrstimmigkeit. Die Ricercata konnte aus damaliger Perspektive als ornamentierte Gregorianik aufgefasst werden. (Palestrinas Messen wurden gar als 'polyfon ausgeschriebene Gregorianik' beschrieben). Aus einer rückblickenden Perspektive können wir sie als eine Vorform der Fuge einordnen. Homophonie und Polyphonie bedingten einander und existierten über mehrere Jahrhunderte hin parallel. Aus dieser Tradition wuchs die Soloricercata hervor. Silvestro Ganassis 1542 erchienene Ricercate für Gambe gehören zu den ältesten Beispielen. Ganasso war Gambaist und Flötist und wirkte am Markusdom sowie als Hofmusiker des Dogen.

Im späten 17. Jh. etablierte sich Bologna zum wichtigsten Musikzentrum zwischen Rom und Venedig. An der Capella von San Petronio wurden unter Maurizio Cazzatis Leitung zum ersten Mal größere Gruppen von Streichern eingesetzt. Parallel dazu entwickelte sich durch die unabhängige ‹Accademia Filarmonico›eine quasi-experimentelle Instrumentalmusik, die anders als die eher theatralische venezianische Sonate für Details und Nuancen offen war. Die Accademia wurde mit den Jahren sehr einflußreich und zählte neben Musiker wie Arcangelo Corelli und Giuseppe Torelli sowie die legendären Cellisten der Capella der Basilika San Petronio; Franseschini, Gabrielli und Jacchini, zu ihren Mitgliedern. Von den aus diesem Umfeld entstandenen Werksammlungen für Cello solo sind Giovanni Battista Degli Antoniis 'Ricercate sopra il Violoncello‘ die bedeutendsten. 'Ricercata' (Ricercar) ist hier in der älteren Bedeutung als 'Satz im präfugalen Stil' zu verstehen. Die mehrstimmig angelegte Werke sind mit architektonischer Konsequenz ausgearbeitet. Die Strukturen sind mehrheitlich um Primzahlen aufgebaut was den sakralen Charakter unterstreicht; Primzahlen, da unteilbar, wurden als unzerstörbar oder 'ewig' betrachtet. Johann Sebastian Bachs `6 Suites à Violoncello Solo senza basso' sind wohl etwa drei Jahrzehnte später entstanden und bieten einen Überblick über verschiedene Stilarten des Spätbarocks; freie Präludien, französische Ouvertüren, Fugen, Toccaten und ein Spektrum von Tanzformen in ihren italienischen und französischen Stilisierungen. Auch Degli Antonii's Ricercate fehlt es nicht an Tanzelemente, aber sie sind nicht mit der Struktur des Satzes synonym. Beide Sammlungen erstaunen durch ihren Umfang; es sind die bisher größten Werksammlungen für Cello solo.

Die Entstehungshintergründe sind unklar. Sind es didaktische Werke, oder wurden sie in öffentlichen Kammerkonzerten oder am Hof vorgetragen? Oder sind sie für die Messe bzw. für den Gottesdienst gedacht? Eine schöne Verwandschaft zwischen den beiden Sammlungen finden wir in den jeweils letzten Werken (Ricercata XII bzw. Suite Nr. 6) die beiden in D-Dur - der Tonart von Ostern und Auferstehung - stehen. Mit handwerklicher Sorgfalt, durch steigende Bewegungen über das ganze Register des Violoncellos, ist dieser Symbolik in die Musik hineingemeisselt worden.


Ludwig Frankmar (*Falun 1960) stammt aus einer schwedischen Kirchenmusikerfamilie. Nach Studien in seiner Heimatstadt Malmö bei Guido Vecchi war er als Orchestermusiker an der Barcelona Oper und als Solocellist der Göteborger Oper tätig, sowie, nach Studien bei Thomas Demenga an der Musik-Akademie Basel, als Solocellist der Camerata Bern. Als er 1995 den Orchesterberuf verließ, beschäftigte er sich zuerst v.a. mit zeitgenössischer Musik. Kontakte und Zusammenarbeit mit Kirchenmusikern führten ihn zur Alten Musik und zur historischen Aufführungspraxis. Er lebt in Berlin.