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Tagung der "Initiative für Evangelische Verantwortung in der Wirtschaft" mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit

Wir Menschen in den Industrieländern leben weit über unsere Verhältnisse. Würden alle Menschen auf dieser Erde so leben wie wir, bräuchten wir vier Erden. Das ist nicht nachhaltig, sondern eine Lebensweise auf Kosten der nächsten Generationen. In den meisten Unternehmen gibt es einen erheblichen Widerspruch zwischen den jährlichen Berichten über die eigene Nachhaltigkeit und dem Zustand dieses Planeten, kritisiert Unternehmensberater Michael Klöfkorn. Wie aber kommt Nachhaltigkeit ins Kerngeschäft? Und was hat der Glaube damit zu tun?
Tagung der "Initiative für Evangelische Verantwortung in der Wirtschaft" mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit

(v.l.:) Die Referenten Volkhard Trust, Michael Klöfkorn und Superintendentin Katrin Göckenjan in der Arena der IHK Bochum

BOCHUM – Die „Arena“ ist ein Versammlungsraum im Verwaltungsgebäude der Bochumer Industrie- und Handelskammer (IHK) mit einem kreisrunden Organigramm in der Mitte und vielen Plakaten an der Wand. 

Wer sich auf einen der Schwingsessel um die freie Mitte setzt und den Raum auf sich wirken lässt, erlebt unwillkürlich etwas vom Geist der neuen Kommunikations- und Organisationskultur, der hier eingezogen ist. „Das Kreisprinzip“, erklärte Moderator und Coach Christian Rommert (Bochum) den etwa 50 Tagungsgästen, „entspricht der Erkenntnis, dass komplexe Situationen nicht mehr singulär lösbar sind. Die Kompetenz- und Projektteams suchen sich die Akteure, die sie brauchen.“

Im Umbruch befindet sich nach Darstellung des Vereinsvorsitzenden David Hirsch (Jena) auch die „Initiative für evangelische Verantwortung in der Wirtschaft Mittel- und Osteuropas“ mit derzeit 600 vornehmlich mittelständischen Unternehmern und Selbständigen. In den Ländern des ehemaligen Ostblocks seien inzwischen selbständige und kompetente Strukturen entstanden, „sodass wir jetzt mehr in Netzwerken denken“.

Das innerbetriebliche Netzwerk nahm Unternehmensberater Michael Klöfkorn (Isenhagen) in den Blick, der in der offenen Arena frei sprechend für ein transparentes Nachhaltigkeits-Management im Kerngeschäft eines Unternehmens warb: „Von Unternehmenslenkern wird Transparenz im Umgang mit den Zielkonflikten und Widersprüchen der eigenen Entscheidungen verlangt. Das erfordert Mut, auch dahin zu gehen, wo es weh tut. Wenn man Transparenz herstellen will, dann geht man in den Schmerz“, betonte Klöfkorn mit kritischem Blick auf das Tagesgeschäft vieler Unternehmen, das leider mit dem Kernthema Nachhaltigkeit meist unverbunden bleibe: „Das ist wie mit einer Krebsdiagnose, nach der alle weitermachen wie bisher.“ Entsprechend groß sei die „Diskrepanz zwischen den Nachhaltigkeitsberichten der Unternehmen und dem Zustand unseres Planeten“. Jedes ungelöste Problem sei aber eine „unentdeckte Marktchance“. Und in jedem Unternehmen gebe es „Nachhaltigkeits-Treiber“, engagierte Mitarbeitende, die Lust darauf hätten, die fehlende Verbindung herzustellen: „So kommt die Nachhaltigkeit ins Kerngeschäft“, resümierte Klöfkorn.

Moderne Start-Ups müssten dem entsprechend doch von Beginn an auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein, schloss daraus ein Teilnehmer. Ein anderer betonte die Bedeutung des bedingungslosen Grundeinkommens als wichtigen Baustein sozialer Nachhaltigkeit für die vielen Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze wegen der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt in Gefahr seien.

“Nachhaltigkeit ist kostbar und kostet was“, sagte Volkhard Trust, Schulleiter der integrativen Matthias-Claudius-Schule Bochum. „Nachhaltigkeit hat zutiefst mit innerer Bildung zu tun. Wenn hinter dem Konzept eine Haltung sichtbar wird, die überzeugend gelebt wird und sich im Alltag bewährt“, werde notwendiger Halt vermittelt. Bildung sei der Schlüssel zu einem „Bekenntnis zu Nachhaltigkeit, das sich gegen Widerstände und das süße Gift des schnellen Erfolgs“ durchsetze, so der Schulleiter. Angesichts wegfallender Arbeitsplätze müssten sich die Wirtschaftsvertreter Gedanken über Beschäftigungsmöglichkeiten in der Zukunft machen und dabei Menschen mit Behinderungen nicht aus dem Blick verlieren, so Trust.

An den engen Zusammenhang von Bild und Bildung erinnerte die evangelische Theologin und Superintendentin Katrin Göckenjan (Recklinghausen) anhand einer Ikone aus dem Ikonenmuseum in Recklinghausen. Diese erzähle „von einer Begegnung eines Menschen mit Gott, genauer: mit einem Boten Gottes. Nach dieser Begegnung öffnen sich im Leben dieses Menschen ganz neue Horizonte. Davon lebt der Glaube.“ In der Taufe werde diese über 3000jährige Begegnungsgeschichte mit Gott „persönlich“. Beim Versuch, ein gutes Leben zu führen, blieben die Zweifel aber nicht aus: „Misstrauen und der Rückzug in die eigenen Echokammern scheint ein neuer Mainstream zu werden“. Die bleibenden „Widersprüche zu managen“ sei die Aufgabe jedes Menschen und sei "zugleich ein gesellschaftliches und globales Thema: je näher die Welt zusammenrückt, virtuell und analog, desto stärker rücken uns auch die Widersprüche und Konflikte auf die Pelle, in die wir verwoben sind.“ Wer in Gott und Jesus Christus vertraue, habe die Möglichkeit, umzukehren und neu anzufangen. Eine „grundlegende Umkehr in unserem Lebensstil“ sei auch dringend notwendig, so Göckenjan abschließend, „um der Schöpfung und sehr vieler Menschen willen.“ GH