Direkt zum Inhalt | Direkt zur Navigation

Benutzerspezifische Werkzeuge

Sektionen

Sie sind hier: Startseite / News / Virtuelle Welten – zwischen Faszination und Unbehagen

Virtuelle Welten – zwischen Faszination und Unbehagen

TELEFONSEELSORGE Einblick erleichtert Einschätzung
Virtuelle Welten – zwischen Faszination und Unbehagen

Helmut Verboom (hinten rechts) und Stefan Kuck (vorne rechts) vom Computerclub Datteln haben Pfarrerin Gunhild Vestner und Dr. Werner Greulich sowie 31 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Telefonseelsorge Recklinghausen verschiedene virtu

KIRCHENKREIS – Das Internet prägt heute fast alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Diese virtuellen Welten haben auch Auswirkungen auf die Arbeit der Telefonseelsorge, die sich mit der veränderten Mediennutzung in der Gesellschaft auseinander setzt.

Seit Januar 2008 bietet die Telefonseelsorge Recklinghausen als eine von bundesweit 23 Telefonseelsorgestellen neben der Beratung am Telefon auch Chat-Beratung an. Der Chat ist durch ein spezielles Sicherheitsportal geschützt. Ein Chat muss gebucht werden und ist auf fünfzig Minuten begrenzt. 28 ausgebildete ehrenamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger arbeiten in der Chat-Beratung der Telefonseelsorge Recklinghausen mit. Sie haben sich nach mindestens zweijähriger Erfahrung mit der Beratung am Telefon für ihre Aufgabe im Chat speziell fortgebildet und werden durch Supervision und eigene Chat-Fortbildungen begleitet. Zudem werden neben der regelmäßigen Weiterbildung auch Workshops zur Chat-Beratung und Gespräche mit Experten zur Internetnutzung angeboten.

Im Jahr 2008 wurden 750 Chat-Beratungen durchgeführt. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass jeder eingebuchte Termin auch genutzt wird“, berichtet Pfarrerin Gunhild Vestner, Leiterin der Telefonseelsorge Recklinghausen. Die Ratsuchenden kommen vornehmlich aus dem Kreis Recklinghausen, aber auch aus dem deutschsprachigen Ausland, aus Skandinavien, Südamerika und Asien. Davon sind mehr als Zweidrittel Frauen. Über die Hälfte der Ratsuchenden ist jünger als dreißig Jahre. Und: Über den Chat können auch Gehörlose erreicht werden.

Die Chatberatung bietet für den Ratsuchenden ein hohes Maß an Anonymität. „Es geht leichter, über Themen zu schreiben als darüber zu reden. Aber es kommen auch schneller Emotionen rüber und man kommt sich ein Stück näher. Obwohl man die Person nicht sieht, hat man ein Bild vom Gegenüber“, beschreibt Gisela Potisch, ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Telefonseelsorge und Chat-Beraterin, diese seltsame Spannung zwischen Distanz und Nähe. „Die Beratung erfolgt individuell der Person und der Situation angemessen. Es werden keine Checklisten abgehakt“, ergänzt ihre Kollegin Sabine Schmidt-Jünemann.

Der Chat zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten, die dieses Medium nutzen. Gerade Menschen, die vereinsamt sind, bewegen sich viel im Internet. Dabei ist der Chat mit vielen Sehnsüchten und Hoffnungen verbunden. Fragen zu Beziehungen und Partnerschaft spielen eine große Rolle. Viele Ratsuchende im Chat haben Traumatisierungen erlebt. Jeder zweite Ratsuchende thematisiert eine psychische Erkrankung. Dabei geht es um Depressionen, Selbstverletzungen, Essstörungen und sonstige psychische Erkrankungen. Deutlich häufiger Thema in der Chat-Beratung als am Telefon sind Gewalt und Suizid. Ein weiteres großes Thema sind Erziehungsfragen und damit verbundene Konflikte.

„Wenn man in die Internetberatung einsteigt, ist es wichtig, die Kontexte zu kennen“, meint Pfarrerin Gunhild Vestner. Aus diesem Grund haben sich 31 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Telefonseelsorge Recklinghausen im Rahmen einer Informationsveranstaltung in der Friedenskirche am Schiffshebewerk in Datteln über die verschiedenen Formen der virtuellen Welten und deren Auswirkung auf die Telefon- und Chat-Seelsorge informiert. Helmut Verboom und Stefan Kuck vom Computerclub Datteln führten sie durch die virtuellen Welten von „Counter Strike“„World of Warcraft“, „Second life“ und weitere unterschiedliche soziale Netze und Foren.

„Wenn das Spiel zum dominierenden Faktor wird, geht es in die Sucht über“, macht Dr. Werner Greulich, stellvertretender Leiter der Telefonseelsorge Recklinghausen, deutlich. Oft genug sorgen sich Eltern um ihre Kinder, die in der Welt der Computerspiele zu versinken drohen. Aus Panik ein Verbot auszusprechen, sei nicht der richtige Weg. Wichtig sei ein vernünftiger Umgang mit dem Medium und die Entwicklung einer guten Achtsamkeit. „Eltern sollten sich dafür interessieren, womit ihre Kinder sich beschäftigen“, sind sich alle Beteiligten einig.

Im August 2009 ist eine weitere Veranstaltung zu diesem Thema geplant. Dabei soll der Zusammenhang von Computerspielen und Sucht beleuchtet werden.
Weitere Informationen über die Telefonseelsorge Recklinghausen finden Sie im Internet unter www.telefonseelsorge-re.de.
Bild/Text: uka