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Neuer kirchenmusikalischer Kalender des Evangelischen Gemeindeverbands Recklinghausen
Außerdem stehen Orgelkonzerte, musikalische Gottesdienste zum Mitsingen, ein keltischer Gottesdienst und ein Chorkonzert auf dem Programm.
Ein Faltblatt als pdf-Datei mit genaueren Beschreibungen aller Veranstaltungen dieses Angebots halten wir für Sie zum Download bereit.
Großer Bahnhof für Horst Borrieß - Verabschiedung des langjährigen Schifferseelsorgers
Die Friedenskirche am Schiffshebewerk war zu klein, um alle Menschen zu fassen, die sich zur Verabschiedung von Horst Borrieß eingefunden hatten. Selbst die Stehplätze reichten nicht aus und so standen auch noch einige Gäste vor der Kirchentür. Superintendentin Katrin Göckenjan entpflichtete Horst Borrieß von seinen Aufgaben als Binnenschifferseelsorger. „Wir blicken dankbar auf Ihren Dienst als Binnenschifferseelsorger im Kirchenkreis Recklinghausen zurück und bitten um Gottes Segen für Ihren Ruhestand.“
In ihrer Ansprache wies die Superintendentin auf den Strukturwandel hin, der auch die Binnenschiffer betrifft. Die kleinen familiengeführten Betriebe werden von großen Unternehmen verdrängt. Zeitpläne werden enger. Die Schiffer haben kaum noch Zeit, an Land zu gehen. Vor zehn Jahren wurde das Haus der Schiffergemeinde an der Eichenstraße aufgegeben und die Friedenskirche als Schifferkirche durch den Kirchenkreis von der Kirchengemeinde Datteln übernommen. In dieser Zeit sind um die Kirche viele Aktivitäten entstanden, durch die Kreativität von Horst Borrieß und die vielen Ehrenamtlichen.
„Berufsbedingt haben Sie immer weite Wege machen müssen, um zu den Menschen zu kommen. So haben Sie Menschen erreicht, die sonst kaum die gute Nachricht von der Liebe Gottes erfahren hätten. Damit haben Sie eine eigene Form von Gemeinde gelebt“, machte Superintendentin Göckenjan deutlich. Nicht immer habe dies sich leicht vertragen mit der geordneten Gemeinde am Ort. Mit seinem eigenen Kopf habe es sich Horst Borrieß nicht immer leicht gemacht. Für die Zukunft müsse man die verschiedenen Formen von Gemeinde besser in Beziehung bringen. „Beides ist Kirche – und das ist gut so“, so Göckenjan. Nicht alles aus der Arbeit eines Schifferseelsorgers liegt vor Augen. Vieles geschieht im Verborgenen. „Auf Ihrem Dienst liegt ein besonderer Segen.“
„Diakon zu sein ist etwas Wunderschönes“, machte Horst Borrieß in seiner Predigt deutlich. Er nehme Abschied von seinem Beruf als Binnenschifferseelsorger, aber nicht von seiner Berufung. In den langen Jahren seines Dienstes habe er erfahren dürfen, dass Beten hilft und trägt. Es sei wichtig, einander mitzuteilen und im Alltag Gemeinschaft zu erfahren. Nach wie vor begeistere ihn der Mann aus Nazareth.
In Hamburg hat Horst Borrieß Klavierbauer gelernt und eine Ausbildung zum Diakon am „Rauhen Haus“ absolviert. Eigentlich wollte er nur zehn oder zwölf Jahre in Datteln bleiben. Daraus sind dann 35 Jahre geworden. Nun will Borrieß mehr zur Ruhe kommen und schauen, was kommt. Er fühle sich als „berufstätiger Rentner“. Im Förderverein des Schiffshebewerks, der zukünftig die Friedenskirche trägt, will er bleiben und mitarbeiten, ebenso weiterhin am Sonntagnachmittag beim Kaffeetrinken mitwirken. Für Einsätze in der Notfallseelsorge, die er im Kirchenkreis mit aufgebaut hat, steht er auch bei Bedarf zur Verfügung.
Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst vom Akkordeon-Orchester „Datastico“, das regelmäßig in der Friedenskirche probt und der langjährigen Organistin Marlene Dördelmann (80 Jahre), die ihn seit mehr als 20 Jahren begleitet. Bei den Liedern durfte natürlich „Ein Schiff, dass sich Gemeinde nennt …“ nicht fehlen. Die Kollekte war bestimmt für die Seemannsmission für die Betreuung von Seeleuten und ihren Familien.
Beim anschließenden Empfang hob die Generalsekretärin der Deutschen Seemannsmission, Pfarrerin Heike Proske die Bedeutung der Schifferseelsorge hervor. Die globalisierte Welt sei bei den Schiffern längst angekommen, die aufeinander angewiesen sind. Diakonin Claudia Rackwitz-Busse, Konviktmeisterin im „Rauhen Haus“ war mit jungen Leuten aus dem Konvikt aus Hamburg in die Kanalstadt gekommen. Sie beschrieb Horst Borrieß als sehr temperamentvoll und praktisch. Vom Bürgermeister der Stadt Datteln, André Dora wurde Horst Borrieß noch eine besondere Ehre zuteil. Er durfte sich in das „Goldene Buch“ der Stadt eintragen und war darüber sichtlich gerührt.
Mit dem Eintritt von Horst Borrieß in den Ruhestand wird der Dienst der Schifferseelsorge im Kirchenkreis beendet. Die Friedenskirche bekommt durch den Förderverein des Schleusenparks Waltrop eine neue Nutzung.
Bild/Text: uka
Zum Bild: Mitwirkende bei der Verabschiedung von Diakon Horst Borrieß (Mitte) als Binnenschifferseelsorger: (v.l.) Diakonin Claudia Rackwitz-Busse (Konviktmeisterin im „Rauhen Haus“ Hamburg), Pfarrerin Elke Engel, Pfarrer i.R. Hans Overkämping, Pfarrer Hans-Jörg Richard, Superintendentin Katrin Göckenjan, Diakon Herbert Wiesner (Binnenschifferseelsorge Minden) und Pfarrerin Heike Proske (Generalsekretärin der Deutschen Seemannsmission).
Verlässlichkeit in schwierigen Zeiten - Verabschiedung von Ernst Günter Meier in den Ruhestand
Superintendentin Katrin Göckenjan und der stellvertretende Verwaltungsleiter Jürgen Bahl (links) verabschiedeten Ernst Günter Meier in den Ruhestand und bedankten sich für die vielen Jahre seines Dienstes.
„Nach rekordverdächtigen 49 Jahren und 5 Monaten im kirchlichen Verwaltungsdienst wollen wir Ihnen, lieber Herr Meier, heute danken und Ihnen Segen auf dem weiteren Weg wünschen“, eröffnete Superintendentin Katrin Göckenjan die Feierstunde. Auffallend bei Ernst Günter Meier sei sein Lächeln, nicht ausgelassen, eher leise, das eine besondere Menschenfreundlichkeit ausstrahlt. Wenn es ernst wurde, hieß es: „Da muss Herr Meier mitkommen. Der bringt Ruhe rein und erklärt die Zahlen so lange, bis es alle verstanden haben.“
Die Superintendentin hob hervor, dass Ernst Günter Meier in all den Jahren mit seiner leisen und menschlichen Art sehr viele Brücken zwischen Menschen gebaut habe. „Sie haben mit großem Sachverstand, ihrer Sorgfalt und Geduld bei vielen Menschen das Vertrauen genährt, dass die Kirche gut umgeht mit dem Geld, das ihr anvertraut ist.“ Bei den Verantwortlichen in den Gemeinden und Diensten habe er immer viel dafür getan, dass etwas möglich und machbar wurde, dass „da was geht“.
Göckenjan wünschte Meier, dass er alles Gute aus seinem langen Dienst bewahren und alles mitnehmen solle, was ihn auf seinem neuen Lebensabschnitt stärkt und erfreut. „Bewahren Sie sich das Vertrauen in die Menschen – und in Gott. Bleiben Sie behütet, wo immer Sie sind, alleine und mit Ihrer großen Familie“, schloss die Superintendentin ihre Gedanken.
Der stellvertretende Verwaltungsleiter des Kreiskirchenamtes, Jürgen Bahl, erinnerte in Vertretung von Verwaltungsleiterin Conny Hölig an die Anfänge des Dienstes von Ernst Günter Meier in der Kirchengemeinde Scherlebeck, wo er 1967 seine Ausbildung begann. Seine Affinität zu Zahlen bestimmte sein weiteres Berufsleben. Mit der Gründung der Kreiskirchlichen Verwaltung 1971 begann sein Dienst im Kirchenkreis. Nach erfolgreichem Abschluss der ersten und zweiten Verwaltungsprüfung übernahm Meier im Juni 1977 die Leitung der Personalabteilung, 1988 die Leitung der Finanzabteilung. Von 1984 bis 1997 war er auch gleichzeitig stellvertretender Verwaltungsleiter.
Bahl beschrieb Meier als einen ausgesprochen ruhigen und ausgeglichenen Menschen mit einer großen „Verblüffungsfestigkeit“. „Ihre Besonnenheit, die auch für Ruhe und Gelassenheit bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den anderen Kolleginnen und Kollegen sorgte, wird uns allen, neben Ihrer hohen und ausgezeichneten Fachlichkeit, in besonderer Weise fehlen. Ihr Arbeitseifer, Ihr Fachwissen, Ihre Zuverlässigkeit und hohe Loyalität wird von Ihren Kolleginnen und Kollegen und Ihren Vorgesetzten sehr geschätzt.“ Auf ihn sei selbst in schwierigen Zeiten immer Verlass gewesen. „Dafür möchte ich mich, auch im Namen von Frau Hölig, ganz herzlich bei Ihnen bedanken“, so Bahl.
Auch der langjährige ehemalige Vorsitzende des kreiskirchlichen Finanzausschusses und Geschäftsführer der kirchlichen Gemeinschaftsstiftung „ernten und säen“, Pfarrer Günter Johnsdorf und die Vorsitzende der gemeinsamen Mitarbeitervertretung des Kirchenkreises, Petra Patmanidou sprachen ein Grußwort. Ernst Günter Meier bedankte sich für all die Jahre des Miteinanders und der Zusammenarbeit. Seine Tätigkeit habe er stets als helfende gesehen. „Die Vorschriften bilden den Rahmen, in dem man sich bewegt“, so Meier. In 2017 kommt er aufgrund personeller Engpässe in der Finanzabteilung noch sporadisch in beratender Funktion wieder.
Bild/Text: uka
Friedensgebet am Sonntag, dem 12. Februar 2017, ab 14.00 Uhr im Glashaus Herten
Die Kunstaktion Engel der Kulturen brachte im Frühjahr 2015 viele Hertener auf die Straßen. (Foto:privat)
So heißt es in einem Gebetstext. Und dort weiter: „Wer folgt noch seinem Gewissen? Wem bleibt noch Hoffnung? Woher soll uns neues Vertrauen für die Gegenwart kommen und der Mut, die Zukunft zu planen? - Wer ist den Wehrlosen ein Schutz? Wer ist den Trauernden ein Trost? Wer ist den Elenden eine Hilfe?“
Menschen fragen nach Kräften des Friedens in einer unruhigen Welt und auch nach dem Beitrag der Religionen für den Frieden hier bei uns und überall auf der Welt. Hinter den Schreckensschlagzeilen wird oft vergessen, dass es Kräfte des Friedens gibt, die wirken und Hoffnung ausstrahlen. Anlass gibt es jedenfalls genug, um für Kräfte des Friedens zu beten.
Der CIAK Herten (Christlich-Islamischer Arbeitskreis Herten) lädt dazu herzlich ein und zwar am
Sonntag, den 12. Februar 2017 von 14.00 – 16.00 Uhr
ins Glashaus Herten.
An diesem Friedensgebet sollen möglichst alle in Herten vertretenen Religionen vertreten und beteiligt werden. Auch in Herten lebende Flüchtlinge sind zu diesem Nachmittag herzlich eingeladen. Neben Gebet und Meditation wird auch Musik und Gesang aus den verschiedenen Kulturen dargeboten. Im Anschluss an das Gebet soll Gelegenheit sein zum Beisammensein und zum Gespräch bei Kaffee und Tee.
„Du siehst mich“ - Kirchentag Berlin – Wittenberg 2017
Schlüsselanhänger zur Losung des Kirchentages (Foto: https://www.kirchentag.de/kirchentagsshop.html#category/3)
Auch aus dem Kirchenkreis Recklinghausen fiebern zahlreiche Interessierte dem Kirchentreffen mit großer Vorfreude entgegen. Etwa 200 Menschen werden aus dem Vest für 4 ereignisreiche Tage nach Berlin reisen und am vielfältigen Programm teilnehmen: Eine bunte Mischung von Erfahrenen, die schon seit Jahrzehnten mitfahren bis zu denen, die sich zum ersten Mal mit einer Gruppe auf den Weg zum Kirchentag machen. Jugendliche dürfen sich neben einem ansprechendem Kultur- und Konzertprogramm auf eine große Gerüstkirche freuen, während Kinder in die „Welt Martin Luthers“ eingeladen sind.
„Für mich,“ erklärt Pfarrer Jörg Krunke als Beauftragter für den Kirchentag im Kirchenkreis, „ist das Zentrum ‚Zukunft der Kirche‘ wichtig. Hier werden ermutigende und fortschrittliche Modelle für das Leben von Kirche in Gesellschaft vorgestellt und ausgetauscht.“
In der Hauptstadt Berlin werden unter anderem der Zusammenhalt in Deutschland, Flucht und Migration, interreligiöser und interkultureller Dialog sowie der Blick nach vorn auf die nächsten 500 Jahre Protestantismus wichtige Themen sein. In Podien, Vorträgen und Workshops füllen bekannte und weniger bekannte Referentinnen und Referenten mit viel Publikumsbeteiligung die Inhalte mit Leben. Konzerte, Theater und viel Kultur, weitgehend von den Teilnehmenden selbst verantwortet, machen den Kirchentag – mit mehr als 2.500 Einzelveranstaltungen – zu einem Festival zum Mitgestalten.
Bis zum 17. Februar 2017 werden Anmeldungen in den Kirchengemeinden entgegengenommen. Auch für die Fahrt nach Berlin können hier Karten erworben werden. Informationen bei Jörg Krunke, Telefon 02365/21029.
Foto: https://www.kirchentag.de/kirchentagsshop.html#category/3
RUHRFESTSPIELE: MARTIN LUTHER: PREDIGER - POLITIKER - PRIVATMENSCH EIN CROSSOVER-PROJEKT ZUM 500. JAHRESTAG DER REFORMATION
Die berührten die Gläubigen unmittelbar. Flautando Köln, das weibliche Blockflötenquartett mit weltweitem Renommee, hat sich für ein „Crossover-Projekt“ zu Martin Luther neben dem Vibraphonisten Stefan Bauer und dem Schlagzeuger Torsten Müller mit dem Schauspieler Martin Brambach einen veritablen Star ins Boot geholt. Aus Briefen, Streitschriften, aus Luthers Tischgesprächen entsteht ein komplexes Bild des so empfindsamen wie streitsüchtigen Genies. Aber im Zentrum des Abends steht, hervorragend interpretiert, die wunderbare, tief berührende Musik der Zeit, da sie, wie Luther schrieb, „aller Bewegungen des Herzens mächtig ist.“
Die Veranstaltung wird an drei Abenden im Theaterzelt am Ruhrfestspielhaus aufgeführt.
Artikelaktionen
Christen in der Minderheit - Neue Erfahrungen, Aufgaben und Herausforderungen
„Rede über den Glauben nur, wenn du gefragt wirst …“ - Vortrag von Altbischof Prof. Dr. Wolfgang Huber
Foto (von links): Michael-Clemens Schmale (Leiter der VHS), Prof. Dr. Wolfgang Huber, Pfarrer Ulrich Lammers
Ob das Reformationsjubiläum, das er selbst mit eingestielt habe, einen Attraktivitätsgewinn für die Kirche geben würde, hinge vor allem davon ab, ob Christen im Alltag Vorbilder für den gelebten christlichen Glauben werden würden, behauptete Huber eingangs. Das Reformationsjubiläum allerdings nur auf die Person Martin Luther zu beschränken und damit die Personalisierung des Reformationsjubiläums voranzutreiben, wie es jetzt in unserer Mediengesellschaft häufig passiere, sei ein Fehler, weil damit das Umfeld Luthers und das entscheidende Mitwirken anderer Reformatoren wie Philipp Melanchthon, Johannes Calvin, Huldreych Zwingli und Jan Hus ausgeblendet würden.
Die Entdeckung der Langsamkeit eines Martin Luthers, der sich Zeit nahm und Jahre brauchte, um den Apostel Paulus zu verstehen, dessen Erkenntnis ihm schließlich auf dem stillen Örtchen kam, sei auch eine Herausforderung an die Christen heute in einer schnelllebigen, mediengesteuerten Zeit, so Huber. Luthers Erkenntnis bleibe grundlegend wichtig für die Christenheit: „Gerecht, anerkannt sind wir nicht durch das, was wir selber machen, sondern durch das, was uns geschenkt wird: Gottes Gnade“, fasste Huber zusammen. Die sogenannte „Gegenreformation“, mit der die katholische Kirche auf die Erkenntnisse der Reformatoren reagiert und sich bestimmte Fragen zu eigen gemacht habe, zeige die Wirkungstiefe der reformatorischen Erkenntnis.
Huber verglich die langsame und mühevolle theologische Entdeckungsreise Luthers mit der seines Zeitgenossen Christoph Kolumbus, der bei einer seiner längsten und gefährlichsten Abenteuerfahrt auf das von den Grönländern vorher schon entdeckte Amerika stieß. Aber auch der Physiker Albert Einstein sei ein langsamer Schüler gewesen und hätte seine Welt verändernden Entdeckungen wohl seiner Langsamkeit zu verdanken.
So sollten sich auch Christen immer wieder Zeit nehmen und sich auf den Weg zur Entdeckung des Evangeliums machen, appellierte Huber an seine Zuhörerschaft, und sich angesichts der Gnade Gottes nicht selbst der Gnadenlosigkeit ausliefern. Mit der Freude auf Jesus, „in dem uns die Gnade ganz nahe kommt“, der uns hilft, aufrecht durchs Leben zu gehen, werde aus dem Reformationsjubiläum auch ein Christusjubiläum.
Christen müssten sich in ihrer Unterschiedlichkeit als eine Kirche begreifen lernen, sie müssten darüber Rechenschaft ablegen, was ihnen wichtig sei, dies sei die gegenwärtige Herausforderung an die Ökumene. Das Gemeinsame sei dabei wichtiger als das Trennende: „Das ökumenisch sein ernst nehmen, das ist die Zukunft, die mir vorschwebt: als die eine Kirche, die heilige Kirche“, so Huber unter Verweis auf das apostolische Kirchenverständnis der frühen Christenheit.
Auch bei Luther sei es nicht immer heilig zugegangen, so Huber, im Gegenteil. Mit seinem aus Nierenkoliken geborenen Jähzorn habe er immer wieder Beziehungen vergiftet - ob zu den Bauern, zum Papst oder zu den Juden, die sich nicht zu Jesus als auch ihrem Messias bekehren lassen wollten. Christen seien in ihrem Glauben zu vielen Fehlern fähig, so Huber. Dies zeige nicht nur der Blick auf Luther und die Reformatoren, sondern auch die Geschichte der Christenheit insgesamt. Nicht zuletzt hätten die Kirchen in der Zeit des Nationalsozialismus gezeigt, dass nicht nur der einzelne Christ, sondern auch die Kirche als Gemeinschaft in verheerender Weise sündigen kann. Auch darin bleibe die Kirche völlig auf die Gnade Gottes bezogen. In diesem Kirchenverständnis - dass der Einzelne und die Kirche als Gemeinschaft irren und sündigen könne - unterschieden sich Protestanten und Katholiken bis heute.
Das Glaubensbekenntnis der Christenheit beziehe sich auf „das Ganze“, auf die allgemeine, katholische Kirche und meine damit heute, dass in Zeiten der Globalisierung der ganze Globus unter der Gnade Gottes stehe. Alles Leben auf dieser Welt verdanke sich der Liebe Gottes, der den Menschen und damit alle Menschen zu seinem Bilde schuf. Nach einem Ausspruch von Kardinal Marx sei die Schöpfungsgeschichte die größte Revolution der Menschheitsgeschichte, weil sie die Gleichheit der Menschen vor Gott bezeugt und damit die Menschenwürde begründet habe. Im Spannungsfeld zwischen der universellen Gültigkeit der Menschenwürde und partikularen Interessen stehe die Kirche vor einer großen Herausforderung.
Die eine Kirche sei apostolisch, „zu den Menschen geschickt“, so Huber. Darin, also in der Zuwendung und Nähe zu den Menschen, sei die Kirche missionarisch. „Ich liebe die evangelische Kirche, aber mir fehlt die missionarische Intensität“, zitierte Huber den katholischen Schriftsteller Günther de Breu, um die Aufgabe zu beschreiben und fügte mit Blick auf die heutigen Hörgewohnheiten hinzu: „Auch wenn heute die Menschen kaum mehr zehn Minuten zuhören können: die tollsten Geschichten Jesu dauern nur 90 Sekunden!“
Das Reformationsjubiläum sei ein guter Anlass, um darüber nachzudenken, wie heute verantwortlich Glauben gelebt werden könne. Der Spruch „Rede nur, wenn du gefragt wirst, aber lebe so, dass man dich fragt“ (Paul Claudel) sei bezogen auf den Glauben seiner Meinung nach die beste Option für ein gelingendes Christsein. In einer Demokratie gehöre das Eintreten für die Menschenwürde aller und die Berufung zur Mitverantwortung und Einmischung zum Geschenk der christlichen Glaubensfreiheit.
„Wir haben es heute mit einer verschärften Form der Pluralisierung zu tun, auch mit gefährlichen Formen. Wir sehen in Deutschland die verzerrten Bilder von Menschsein, bei denen einen schaudert, wenn man zur Kenntnis nimmt, dass das mit dem Glauben an Gott zusammengeführt wird. Dagegen müssen wir gemeinsam und jeder einzelne aufstehen. Damit haben wir als Kirche und als Einzelne in dieser Gesellschaft reichlich zu tun“, skizzierte Huber die Herausforderung und fügte verdeutlichend hinzu: „Die Kirchen sind keine Bundesagenturen für Werte. Sie sind nicht dafür da, für alle die moralischen Standards zu formulieren und dann selber das, was sie gerade für politisch korrekt halten, auch noch religiös zu begründen.“ Jeder Einzelne bleibe persönlich verantwortlich mit seinem Beitrag für die Zukunft von Menschenwürde und Toleranz. Um die Haltung anderer Menschen zu achten, müsse man selbst wissen, was einem wichtig sei: „Wer sagt, es sei alles gleichgültig, wird nie zu Toleranz kommen.“ Dies betreffe auch das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit: „Zuviel Sicherheit schadet der Freiheit“, so Huber. Bezogen auf die Flüchtlingspolitik sei entsprechend nicht auf der Ebene moralischer Appelle, sondern nach Maßgabe der Nähe zu den Menschen zu entscheiden.
Eine zukunftsweisende Auseinandersetzung mit Luther und dem Reformationsjubiläum wäre, so Huber, die Frage, mit welchen Medien Luther heute kommunizieren würde - selbstverständlich mit den besten und effizientesten. Von Luther könnten die Christen auch lernen, sich nicht durch die Geschwindigkeit heutiger Kommunikation verleiten zu lassen, sondern langsam zu machen, sich vielleicht auch mal zu verstecken, sich zurückzuziehen, sich Zeit zu nehmen. Die christliche Freiheit, die sich der Gnade Gottes verdanke, sei keine willkürliche Freiheit, sondern eine, die den Menschen ökumenisch voranbringen soll und die Freude am Evangelium und am christlichen Glauben stärke.
In der Diskussionsrunde anschließend verwies Huber auf die Frage nach dem Bedeutungsverlust der Kirche im Staat seit den 1960er Jahren darauf, dass es heute, im Zeitalter der Digitalisierung, und wohl auch in Zukunft keine gemeinsame Basis mehr für gesellschaftliche Zusammenhänge geben werde. Moralische Vorbilder und menschliche Zeichen für Zusammenleben wären heute an unterschiedlichen Stellen zu suchen, die man für sich zusammensuchen müsse. Die katholische Kirche wolle beim Umgang mit ihren Fehlern, etwa Missbrauch, vor allem Schaden von der Institution Kirche abhalten. Die evangelische Kirche habe demgegenüber gar nicht mehr den Anspruch, „heilige Gemeinschaft“ zu sein. „Ich wäre auch traurig, wenn die Kirche die einzige Instanz wäre“, versicherte Huber und verwies als Beispiel für die Gnade Gottes, die sich nicht auf die Kirche beschränke, auf den Bereich der Musik, wo Menschen zusammen spielen könnten. „Manchmal finde ich sie auch in anderen Religionen“, zitierte Huber den berühmten Theologen Karl Barth, „oder ich gebe den Ungläubigen Recht und damit Gott die Ehre“. Kraft und Autorität im eigenen Bereich würden gestärkt, wenn „ich genau weiß, mit welchen Leuten ich mich verbünden will und mit welchen nicht.“
Auf die Frage, wie die Spannungen, welche die Reformation in viele Familien gebracht habe, überwunden werden könnten, antwortete Huber: „Es täte gut, unsere Wahrnehmung zu verändern. Viele tun in ihren Familien etwas, was uns allen gut tut. Die Zeiten sind vorbei, in denen wir uns in geschlossenen christlichen Konfessionen und Milieus bewegen. Die Teilnahme am evangelischen Abendmahl steht jedem offen, nicht jedoch im katholischen Milieu. Die Pflicht zum gegenseitigen Respekt verpflichtet uns, den Verzicht auf das gemeinsame Mahl zu respektieren. Der Weg dahin ist nur über das katholische Lehramt zu finden. Was eine bischöflich verfasste Kirche wie die Anglikanische Kirche hier schafft, könnte wegweisend sein auf dem Weg zu einer christlichen Identität.“
Eine christliche Identität, die sich nur auf ein Merkmal reduzieren ließe, gebe es aber nicht: „Der liebe Gott hat es so eingerichtet, dass wir nicht nur die Liebe zur Religion haben, sondern auch noch die Liebe zu uns und unserem Nächsten. Es ist kein Verrat am Glauben, die Vielfalt unserer Beziehungen wichtig zu nehmen.“ Seit den Anschlägen von 9/11 würden die Menschen aber auf ein Identitätsmerkmal reduziert, nämlich muslimisch oder nicht. Auch die Fußball-Fankultur zeige, dass viele dazu bereit seien, sich unter einem Identitätsmerkmal, nämlich ihrem Club, zu subsumieren.
Angesprochen auf die Glaubenskurse, die seit mehreren Jahren in den Kirchengemeinden angeboten werden, hält Huber diese für ein Erfolgsprojekt des Reformprozesses: „Es kann doch nicht sein, dass eine evangelischen Kirche zulässt, dass jemand sagt, für den Glauben haben wir die Pfarrer. Die Instrumentalisierung von Wahrnehmung, das Aufschwätzen eigener Meinung funktioniert nicht. Es sollte doch so sein, dass die Menschen ihre Vorstellung vom mündigen Glauben selbst formulieren können.“
Bezogen auf das Thema „Mission heute“ sei das Entscheidende am Glauben nicht die Zahl der richtigen Glaubenssätze, sondern „im Kern ein Vertrauen in Gott und ein Vertrauen in das Leben, das mir von ihm geschenkt ist. Ich darf als kleines Element in diesem Kosmos dieses Leben führen, das ist großartig. An diesen Punkt kann man nur kommen, wenn man Respekt hat vor diesem Zusammenhang. Für uns selbst wird etwas Klärendes passieren und für andere auch.“ Erfahrungsgemäß führe der Reizcharakter des Wortes „Mission“ zu einer Intensität in der Diskussion, die beachtlich sei. Im Vergleich mit der Wirtschaft, die mit dem Begriff selbstverständlich und unbefangen im Alltag umgehe, sei seltsamerweise die Kirche die einzige Institution, die den Begriff, den sie selbst in die Welt gebracht habe, scheue wie der Teufel das Weihwasser.
Abschließend auf den größten Störfaktor zwischen Evangelischen und Katholiken hin befragt, nannte Huber das katholische Amtsverständnis, das in der Unfehlbarkeit des Papstes kulminiere.
Text:/Bild: GH
„So viel Du brauchst“ – Fasten für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit
Mit dem biblischen Leitsatz „So viel du brauchst“ regt die Fastenaktion dazu an, sich Zeit zu nehmen, das eigene Handeln im Alltag zu überdenken, Neues auszuprobieren, etwas zu verändern. Zum Beispiel achtsamer zu kochen und zu essen, anders unterwegs zu sein oder anders mit dem eigenen Geld umzugehen. Orte der Einkehr und der Ruhe aufsuchen und sich auf das Wesentliche konzentrieren – auch das sind Impulse der Fastenaktion für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit. Es geht darum zu erfahren: „Klimafasten tut Leib und Seele gut, lässt uns achtsamer werden, weitet den Blick, bereitet auf Ostern vor und verändert mich und die Welt.“
In diesem Jahr laden Initiatoren in sieben Evangelischen Landeskirchen gemeinsam dazu ein, sich von der Aktion inspirieren zu lassen und Fastenideen auszuprobieren. Die Fastenaktion für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit beginnt am Aschermittwoch (1. März 2017) und endet am Ostersonntag (16. April 2017).
Eine Broschüre begleitet durch die Zeit und gibt praktische Anregungen für die eigene Fastenzeit. Jede Woche steht dabei unter einem anderen Thema. Man kann ein, zwei oder mehrere Ideen auswählen oder ganz eigene Schwerpunkte setzen. Darüber hinaus stehen ein Werbeplakat, eine Bestell-Postkarte und ein Mitmach-Poster sowie viele weitere Informationen für Fastengruppen zum Abruf bereit.
Klimafasten ist eine gemeinsame Initiative der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, der Ev. Kirche von Westfalen, der Lippischen Landeskirche, der Ev. Kirche im Rheinland, der Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck und der Ev. Landeskirche in Baden.
Die Organisatoren der Fastenaktion freuen sich, wenn sich viele Fastende über ihre Erfahrungen austauschen und dazu berichten. Hierfür steht auf der Projekthomepage eine eigene Rubrik „Ihre Rückmeldung“ zur Verfügung.
Die Fasten-Broschüre ist kostenlos erhältlich über www.klimafasten.de. Dort können weitere Materialien und Informationen abgerufen werden.
Abschied von der Kreuzkirche in Marl-Sinsen
Im Anschluss an den ersten Teil des Gottesdienstes in der Kreuzkirche wird der Gottesdienst in der Pauluskirche fortgesetzt, in der die Gemeinde mit den Abendmahlsgeräten und anderen sakralen Gegenständen einziehen wird und dort den Gottesdienst abschließt. Für den Transfer zur Pauluskirche steht ein Bus zur Verfügung. Anschließend ist die Gemeinde zu einem Imbiss eingeladen. |
Nach der Entwidmung werden in der Kreuzkirche dann keine Gottesdienste mehr gefeiert. Auch finden keine Trauungen, Beerdigungen, Taufen und andere Sondergottesdienste statt. Die Evangelische Stadt-Kirchengemeinde Marl ist bestrebt, Gebäude und Grundstück im Erbbaurecht abzugeben. Eine zukünftige Nutzung im kulturellen und gemeinnützigen Bereich wird vom Presbyterium befürwortet.
uka
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Ein Leuchtturmprojekt für die Evangelische Stadtgemeinde Marl (esm) - Leiterin der Evangelischen Kindertagesstätte Paul-Schneider-Straße in Marl stellt sich vor
Derzeit finden in der ehemaligen Aloysiusschule umfangreiche Umbau- und energetische Sanierungsarbeiten statt. Für die geplanten fünf Gruppen wird ein riesiges Platzangebot errichtet. Das Gebäude wird zukünftig über einen Fahrstuhl verfügen. Den gesamten Umbau finanziert die Stadt Marl, die auch den Trägeranteil übernimmt. Bislang wurden für die ca. 80 Plätze bereits 35 Kinder angemeldet.
„In dem neuen Kindergarten werden wir keine klassischen geschlossenen Gruppen mehr haben. Die Kinder treffen sich in Gruppen, nehmen aber übergreifend die Angebote in den funktionalen Räumlichkeiten wahr, wo wir ein großes Atelier, einen Raum und ein innovatives Projekt zum ‚urban gardening‘ im Außenbereich haben werden“, erläutert Gudrun Seime, Geschäftsführerin des Trägerverbunds evangelischer Kindertagesstätten im Kirchenkreis Recklinghausen das geplante Angebot. Eine weitere Besonderheit des neuen Kindergartens wird das über 900 qm große Außengelände sein. Dort ist die Beteiligung der lokalen Nachbarschaft hoch erwünscht. „Wir möchten den Stadtteilbezug zum Ausdruck bringen“, sagt Melanie Habsick. Für Pfarrerin Kirsten Winzbeck (esm) stellt der neue Kindergarten ein“Leuchtturmprojekt für die esm“ dar. „Wir wollen damit ausdrücklich ein positives Signal geben, das als Aushängeschild für die esm gedacht ist. Hier soll Gemeindeaufbau mit jungen Familien stattfinden“, so Winzbeck.
Bevor die Evangelischen Kindertagesstätte an der Paul-Schneider-Straße in Marl ihre Pforten im September 2017 öffnen wird, sind Anmeldungen möglich. Unterlagen zur Anmeldung und zum Konzept des Kindergarten finden sich auf der Website des Kirchenkreises Recklinghausen unter folgender Kurzadresse: https://is.gd/RLawye.
Das ausgefüllte Anmeldeformular senden Sie bitte an:
- per Mail annegret.maletzki@kk-ekvw.de oder
- per Post an: Ev. Kirchenkreis Recklinghausen, Gudrun Seime, Limperstr. 15, 45657 Recklinghausen.
Ebenso können sich Interessierte auf die Erzieherinnen- und Erzieherstellen bei Frau Seime melden.
Bild/Text: hh
Wohin entwickelt sich die Kirche? Empfang des Kirchenkreises
Diskutierten auf dem Podium zum Reformationsbedarf der Kirche: (v.l.) Superintendentin Katrin Göckenjan, Reinhard Bingener, Prof. Dr. Isolde Karle und Pfarrer Dr. Hans Hubbertz.
Diesen Fragestellungen gingen Superintendentin Katrin Göckenjan und Dr. Hans Hubbertz, Pfarrer für Industrie- und Sozialarbeit und Öffentlichkeitsarbeit beim Empfang des Evangelischen Kirchenkreises Recklinghausen im Haus der Kirche im Gespräch mit dem Journalisten Reinhard Bingener (FAZ) aus Hannover und der Bochumer Praktischen Theologin Prof. Dr. Isolde Karle nach.
Die Reformation sei Kraftquelle und ständige Vergewisserung für den Auftrag der Kirche, betonte die Superintendentin in einer Andacht zu Beginn. Die Bibel wieder zu lesen, könne einen Christenmenschen von der Sorge um sich selbst und damit zum Dienst am anderen befreien. „Sünde“ sei im Kern eine Beziehungsstörung. Und eine Gesellschaft, in der viele Menschen nicht (mehr) an einen persönlichen Gott glaubten, der ihnen nahe kommt, könne gnadenlos werden, warnte die Superintendentin.
Um eine aktuelle Standortbestimmung für die Kirche der Reformation gebeten, erklärte der Journalist Bingener den zurückliegenden Reformversuch der Evangelischen Kirche für gescheitert. Die Kirche sei inzwischen einer Art Selbstbetäubung erlegen. Prof. Karle betonte dem gegenüber, dass das Reformationsjubiläum auch eine Chance sein könne, sich in schwierigen Zeiten kritisch mit sich selbst zu beschäftigen und sich beim Lesen von Luthers Schriften des eigenen Standortes zu vergewissern.
Luther sei doch inzwischen längst ökumenisch anerkannt bzw. vereinnahmt, kritisierte Reinhard Bingener, und deshalb für diejenigen Menschen auch nicht mehr so attraktiv, die besonders von den Unterschieden zur Katholischen Kirche fasziniert waren und sind. Die Rechtfertigungslehre Luthers bleibe für den Protestantismus zentral, so Karle, und mit ihr die Betonung der Glaubensfreiheit und die Befreiung von dem Erwartungsdruck anderer. Im Umfeld der Universität stelle sie exemplarisch eine gewisse Unbeholfenheit im Umgang mit den Kernthemen Luthers fest, die im Alltag deutlicher zur Sprache gebracht werden könnten, beispielsweise in der Akzeptanz von Sexualität, Weltlichkeit, Ehe und Familie, also all den „Sorgen im Großen und Kleinen“.
Luther sei eine „nationale Figur“, so Bingener, ein „Apostel der Deutschen“. Das Reformationsjubiläum 2017 zeige eine gewisse Verlegenheit im Umgang mit diesem nationalistischen Erbe Luthers. Als Person stehe Luther aber gerade auch für den Mut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Am aktuellen Verhältnis zwischen Kirche und AfD zeige sich, dass die öffentliche Rolle von Religion neu zu diskutieren sei. Die sogenannte „identitäre Bewegung“, bestehend aus Rassisten und Populisten, blende die bestehende Vielfalt aus.
In diesem Zusammenhang sei eine ernsthafte Auseinandersetzung erforderlich zu der Frage, was es bedeute, Staatsbürger und Christ zu sein, knüpfte Isolde Karle an. Eine klare Identität als Christ gäbe es nicht. Und auch die oft beschworene Einheit der Christen sei längst verloren. Jedes Individuum sei angehalten, andere nicht durch seine moralische Ächtung auszugrenzen. Das Kreuz sei kein Markenzeichen, auch nicht von Bischöfen.
„Wie könnten denn“, fragte die gastgebende Superintendentin, „die Leute, die sich distanziert hätten, doch noch erreicht werden und mit welchen Bindungskräften?“ Bingeners Antwort: Die Protestanten sollten das Reformationsjubiläum nicht mit Erwartungen überfrachten und lieber die gute Arbeit vor Ort stärken, das würde Bindekräfte freisetzen. Vor allem für die Arbeit an den Wendepunkten des Lebens, den sog. Kausalien, bräuchte es eine seelsorgerlich kompetente und nahe Begleitung der Menschen, stellte Prof. Karle fest und betonte: „Gute Gottesdienste sind das Beste, was die Kirche zu bieten hat.“ Bingener assistierte: „Die Kasualien sollten gestärkt und die Gemeinden nicht abgewertet werden.“
Die Strukturreform habe einen hohen Preis gehabt, konstatierte Prof. Karle. Die beteiligten Kirchen seien komplett erschöpft und mit sich selbst beschäftigt. Auffällig sei, dass die reichsten Kirchen am meisten klagten. Offensichtlich seien viele Selbstverständlichkeiten geschwunden, die Angst vor dem Bedeutungsverlust der Kirche wachse. Gemeinden, die während des Reformprozesses ihr Gemeindehaus erhalten konnten, fühlten sich als Gewinner.
Bingener kritisierte im Anschluss daran, dass viele Pfarrerinnen und Pfarrer die meist quälend langsamen Veränderungsprozesse nicht wirklich mitgemacht hätten, aber dennoch oft eine auffällige Weinerlichkeit zeigten und einen „wattierten Diskurs“ gegenüber den Städten pflegten. Am Beispiel der Studierenden führte Prof. Karle aus, dass diese die Kirche als Behörde erlebten, die sehr wenig auf deren Lebensbedingungen eingehe und vorhandene innerliche Motivation kaum nutze oder fördere – statt dessen formuliere sie Eingangsbedingungen und sei kaum überkonfessionell vernetzt.
Den Gemeinden solle nicht viel vorgeschrieben werden solle, forderte der Journalist Bingener in seinem Schlusswort. Auf der Basis einer Grundfinanzierung sollten sie besser sich selbst überlassen bleiben und dann die Resonanz abgewartet werden. Personalpolitisch sollten die besten Leute in höhere Strukturen gebracht und den Gemeinden mehr Rechte bei der Wahl des Personals gewährt werden. Eine klare „Markenorientierung“ nach außen sei wichtig.
Mit Blick auf den Pfarrermangel und Generationenwechsel in naher Zukunft appellierte die Praktische Theologin Prof. Dr. Karle an die Zuhörerschaft, sich nicht zu ängstigen: „Der Herr lässt Sie nicht im Stich!“ Es sei auch möglich, wo nötig, Gottesdienste zu reduzieren. Neben den nachweislich bindenden Effekten bei den Kasualien seien und blieben Öffentlichkeitsarbeit, Telefonseelsorge und Musik wichtige Arbeitsfelder, um Kontaktflächen anzubieten oder zu nutzen. Die Vernetzung vor Ort in die Zivilgesellschaft hinein bleibe eine zentrale Aufgabe aller Beteiligten.
Wie sich die Kirche vor Ort mit jedem neuen Projekt in Teilbereichen verändert, davon konnte sich die Zuhörerschaft anhand der abschließenden Präsentation der Förderprojekte der kreiskirchlichen Stiftung „ernten und säen“ in der Arbeit mit Flüchtlingen selbst überzeugen.
Text: Gert Hofmann/Fotos: Ulrich Kamien
„Was ist denn fair?“ Weltgebetstag 2017 von den Philippinen
Sie erzählen uns von den konkreten Auswirkungen globaler und nationaler Ungerechtigkeit in ihrem Alltag, sei es durch die Verletzung von Arbeitsschutzrechten oder den verschleppten Wiederaufbau nach Naturkatastrophen.
Die über 7.000 Inseln der Philippinen, ein Land voller Schönheiten und Gegensätze, liegen im Pazifischen Ozean. Ihre tropischen Urwälder und bizarren Korallenriffe beherbergen artenreiche Ökosysteme. Tauchreviere und weite Sandstrände begeistern jedes Jahr Millionen Urlauber. Die Folgen des Klimawandels treffen die Philippinen aufgrund ihrer geographische Lage besonders hart. Mit Taifunen, Vulkanausbrüchen und Erdbeben gehören sie zu den Ländern, die am stärksten von Naturkatastrophen betroffen sind.
Die gesamte Inselgruppe zeichnet sich durch eine Vielfalt an Völkern, Kulturen und Sprachen aus. Trotz ihres Reichtums an natürlichen Ressourcen und Bodenschätzen, prägt eine krasse soziale Ungleichheit die Philippinen. Die meisten der rund 100 Millionen Einwohner profitieren nicht vom wirtschaftlichen Wachstum. Auf dem Land haben wenige Großgrundbesitzer das Sagen, während die Masse der Kleinbauern kein eigenes Land besitzt. Die Wurzeln dieser Ungleichheit gehen zurück bis in die spanische Kolonialzeit. Wer sich heute für Menschenrechte, Umweltschutz, Landreformen oder die Rechte der indigenen Bevölkerung engagiert, lebt oft gefährlich.
Auf der Suche nach Perspektiven zieht es viele Menschen in die 17-Millionen-Metropolregion Manila. Rund 1,6 Millionen wandern Jahr für Jahr ins Ausland ab und schuften als Hausangestellte, Krankenpflegerinnen oder Schiffspersonal in Saudi-Arabien, den USA, Europa, Hongkong oder Singapur. Ihre Lohn-Überweisungen sichern den Familien das Überleben, doch viele der Frauen zahlen einen hohen Preis: ausbeuterische Arbeitsverhältnisse, körperliche und sexuelle Gewalt.
Die Philippinen sind das bevölkerungsreichste christliche Land Asiens, über 80 Prozent der Bevölkerung sind katholisch. Glaube und Spiritualität prägen die philippinische Kultur. War die römisch-katholische Kirche zu Kolonialzeiten eng mit den Mächtigen verbunden, so setzen sich viele Priester und Ordensfrauen heute für die Armen und Entrechteten ein. Auch Vertreter der protestantischen Kirchen sind stark gesellschaftlich engagiert. Neben einer buddhistischen Minderheit, sind rund 5 Prozent der Bevölkerung muslimisch. Der Großteil von ihnen lebt von jeher recht isoliert, im südlichen Mindanao.
Die Schreiberinnen der Gottesdienstordnung aus den Philippinen tragen dazu bei, den Armen und Entrechteten, Stimme und Hoffnung zu geben; eine Hoffnung, die nur eine Chance hat, wenn wir weltweit umdenken im Sinne der Gerechtigkeit Gottes. Sie ermutigen uns zum Einsatz für eine gerechte Welt. Ein Zeichen dafür sind die Kollekten der Gottesdienste in Deutschland, die Frauen und Mädchenprojekte weltweit unterstützen. Darunter sind acht Partnerorganisationen auf den Philippinen, die sich u.a. für politische und gesellschaftliche Beteiligung sowie die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder engagieren.
Der Tag dient der Einstimmung in die Liturgie des Weltgebetstags 2017, dem Erproben von Ideen der Umsetzung von Gestaltungsmöglichkeiten für den Weltgebetstags-Gottesdienst und dem Kennenlernen der Lieder aus der Gottesdienstordnung. Das ökumenische Team um Maggie Raab-Steinke freut sich auf Sie.
- Anmeldungen nimmt Lena Brawand im Sekretariat der Referate im Evangelischen Kirchenkreis Recklinghausen, Limperstr. 15, 45657 Recklinghausen, Tel.: 02361-206 105 entgegen.
Text: Maggie Raab-Steinke, Beauftragte für den Weltgebetstag im Ev. Kirchenkreis Recklinghausen/Red.: hh
Die Zukunft der Friedenskirche hat begonnen - Förderverein übernimmt Gotteshaus
(hinten v.l.) Superintendentin Katrin Göckenjan, Norbert Frey, Theo Beckmann, Eckhard Ostrowski, Rainer Bücher, Dr. Arnulf Siebeneicker, Rudi Fabritz, (vorne v.l.) Albrecht Laug, Pfarrerin Elke Engel, Christa Walter, Herbert Niewerth und Jürgen Siebert.
Nachdem die Kirchengemeinde Datteln vor zehn Jahren sich zu einem Zwei-Zentrum-Konzept mit der Lutherkirche und der Versöhnungskirche mit den dazu gehörigen Gemeinderäumen durchgerungen hatte, übernahm der Evangelische Kirchenkreis Recklinghausen das geschichtsträchtige denkmalgeschützte Gotteshaus als Schifferkirche für die Binnenschiffergemeinde nach Aufgabe des Hauses in der Eichenstraße. Diakon Horst Borrieß und Kirchmeister Eckhard Ostrowski gaben in den Jahren der Friedenskirche und der dortigen Arbeit ein unverwechselbares Gesicht.
„Wir freuen uns, dass es mit der Friedenskirche weitergeht, in anderer Form und Trägerschaft“, äußerte sich Superintendentin Katrin Göckenjan zufrieden über die Lösung. Der Förderverein und das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Datteln haben sich viel Mühe gegeben, behutsam zu verhandeln. Verabredet wurde, dass zukünftig keine Kasualien in der Friedenskirche stattfinden. Fester Bestandteil bleiben weiterhin die Gottesdienste zum Barbarafest und der plattdeutsche Gottesdienst am Gründonnerstag, der mit den Heimatvereinen Datteln und Waltrop begangen wird. Ansonsten wird die Kirchengemeinde bis zu zehn kirchliche Veranstaltungen in der Friedenskirche durchführen.
Der Vertrag gilt zunächst für vier Jahre, wobei die Kirchengemeinde Eigentümerin des Gebäudes bleibt und für die Bauunterhaltung verantwortlich ist. Man werde sich frühzeitig für eine Verlängerung zusammen setzen, so Pfarrerin Elke Engel, Vorsitzende des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Datteln. Die Kirchengemeinde habe das Interesse, von den gestaffelten Betriebskosten herunter zu kommen, so dass der Förderverein in der Lage sei, diese selber zu tragen. Das erste Jahr sei ein Experimentierjahr.
„Wir vom Förderverein sind dankbar, dass viele, die bisher mitgewirkt haben, auch weiter machen“, freut sich Rainer Büscher, Geschäftsführer des Fördervereins Schleusenpark Waltrop über das ehrenamtliche Engagement. Eckhard Ostrowski hat im Rahmen der „Nachtschnittchen“ für 2017 bereits 20 Termine fest. „Die „Nachtschnittchen“ sind durchweg ausverkauft“, so Ostrowski. Auch der Kaffeebetrieb am Sonntag soll weiterlaufen. Zudem plant das Hebewerkmuseum, verschiedene Veranstaltungen in der Friedenskirche stattfinden zu lassen, darunter einige Konzerte, wie Museumsleiter Dr. Arnulf Siebeneicker anmerkte. Weitere Termine wären das Museumsfest am 1. Sonntag im Mai sowie der Tag des Denkmals im September. Nach Ansicht des ehemaligen Museumsleiters Herbert Niewerth hat die Friedenskirche in dieser Region eine Pionierfunktion.
Superintendentin Göckenjan äußerte den Wunsch, dass es gut und mit Schwung mit der Friedenskirche weitergehe. Die Aufgabe der Binnenschifferseelsorge am Standort Datteln sei ein schmerzvoller Vorgang. Die Stellen in Duisburg und Minden sowie die Deutsche Seemannsmission übernehmen Teile der Aufgaben der Binnenschifferseelsorge nach dem Ausscheiden von Horst Borrieß.
Text/Bild: uka
Geld, Gesellschaft und Gewalt - Vortrag von Prof. Dr. Eugen Drewermann
Luther und die Juden - Ist das die „Schattenseite“ der Reformation?
Wilhelm Buschulte, Davidstern im Turm der Gustav-Adolf-Kirche in Recklinghausen, 2003 © Foto: Silke Wilhelm-Mämecke
Der Vortrag rekonstruiert Luthers Haltung zum Judentum von 1523 („Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei“) bis 1543. Er geht dabei besonders zwei Fragen nach: Steht Luthers Antijudaismus in einem inneren Verhältnis zum Kernanliegen der Reformation? Gibt es einen historischen Zusammenhang mit dem Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhunderts – und damit mit Auschwitz?
Blickwechsel: Hochhuths 9 Nonnen fliehen - Lesetheater
"Die Komödie der ersten weiblichen Rebellion in Deutschland – ein Stück, in dem Hochhuth seine großen Themen dekliniert: Kunst, Geld, Macht, Sexualität. Neun Nonnen, darunter Katharina von Bora, entspringen dem Kloster, um sich in Wittenberg der Reformation anzuschließen. Beim hüllenlosen Baden in einem See kreisen ihre Gespräche um das Los der Frau, sei sie Nonne oder Hexe. Bald ist Katharina mit Luther verheiratet, trifft sie auf den dänischen König wie auf den Maler Cranach. Und sie erlebt ihren Mann in verschiedenen Rollen: Als Rebellen. Als Reformatoren und Erneuerer der deutschen Sprache. Als Machtmenschen und Opportunisten", beschreibt der rowohlt-Verlag, das Stück von Hochhuth.
Der Abend wird gerahmt mit Musik der Renaissance-Zeit und einem thematischen Essen. Der Eintritt von 12 Euro umfasst das Essen und die Getränke. Dem Arbeitskreis BLICKWECHSEL der Ev. Kirchengemeinde Datteln geht es darum, neue und unbekannte Perspektiven auf vermeintlich Vertrautes zu ermöglichen. Der Austausch über das Erlebte ist dabei unverzichtbar.
Pfr. Thomas Mämecke
thomas.maemecke@kk-ekvw.de
Tel. 02363 2232
Etienne-Bach-Haus- Datteln
Pevelingstr. 30
45711 Datteln
Waldenser - Protestanten bis heute
Die modernen Waldenser sind Mitglied des Evangelischen Kirchenbundes Italien und zeichnen sich u.a. durch ihr politisches und soziales Engagement aus. Jedes Jahr absolvieren Schüler der Waldensergymnasiums (Collegio Valdese) in Torre Pellice ein Schulpraktikum in unserem Kirchenkreis. Die Schulausschussmitglieder Angelika Hermsen, Christine Klare und Holm Schüler haben eine Unterrichtsreihe über die Waldenser für die Sekundarstufe I erstellt und stellen diese vor. Zielgruppe der Veranstaltung: Lehrer, Pädagogen, Theologen.
Wann | 09.02.2017 von 13:00 bis 16:00 |
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Wo | Haus des Kirchenkreises, Limperstr. 15, 45657 Recklinghausen |
Name | Holm Schüler |
Kontakttelefon | 02361 206 101 |
500 Jahre Reformation - Welche Aufgaben haben Kirche und Christen heute?
Christlichen Glauben und christliche Werte zu vermitteln, ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Die Reformation versteht das Christentum als Religion der Freiheit. Die Freiheit im persönlichen Leben wie in Kirche Gesellschaft und Staat zu verantworten, ist wesentliche Herausforderung unserer Zeit. An der Flüchtlingsbewegung wird dies exemplarisch deutlich. Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Huber ist einer der profiliertesten Theologen Deutschlands und betätigt sich als Vordenker in ethischen Fragen. Er war von 1994 bis 2009 Bischof der Evangelischen Kirche Berlin – Brandenburg, davon sechs Jahre als Ratsvorsitzender der EKD. Immer wieder hat er sich in wichtigen gesellschaftlichen Debatten als Vertreter der evangelischen Kirche zu Wort gemeldet.
Wann | 13.01.2017 von 19:30 bis 21:30 |
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Wo | Haus der Begegnung, Bissenkamp 20, 45731 Waltrop |
Name | Pfr. Ulrich Lammers |
Kontakttelefon | 02309/72114 |